Groundhog Day
Und täglich grüßt das Murmeltier
„Groundhog Day“ is a film that finds its note and purpose so precisely that its genius may not be immediately noticeable. It unfolds so inevitably, is so entertaining, so apparently effortless, that you have to stand back and slap yourself before you see how good it really is. #
Ich musste mich nicht selbst ins Gesicht schlagen, um die Genialität des heutigen Films zu erkennen. Es hat nur ein vollständiges Ansehen benötigt. Und täglich grüßt das Murmeltier habe ich in Stückchen viel zu oft gesehen und ohne Wissen immer als generische Rom-Com abgelehnt. Mein eigenes Ich war noch nicht bereit für diesen Film, denn unter der Oberfläche, verlangt der Film einiges vom Zuschauer, vielleicht weniger den Schlag ins Gesicht, als mehr ein Auge für Minimalismus versteckt unter der dramatisch-romantischen High-Concept Komödie. Es wirkt wirklich alles so einfach und dabei scheint es so schwierig, dass es bisher kein Film besser gemacht hat. Groundhog Day ist einer dieser seltenen Umstände des Mediums, wo einfach jeder Umstand zu perfekten Sturm führt.
Wenn ich immer viel und oft über den modernen Film schimpfe, dann auch unter meinem persönlichen Lackmus Test für einen Film. Wann ist ein Film zeitlos gut? Wenn er auch im Jahre 2014 auf einem kleinen Schwarz-Weiß Röhrenfernseher mit blechernem Mono-Lautsprecher köstlich unterhalten kann. Genau deshalb habe ich den Film sicher schon mehr als zwanzig mal angeschaut. Groundhog Day ist selbst im Low-Fi Format brillant. Ein Film als Schnapsidee in perfekter Umsetzung. Der vielleicht realistischste Fantasie Film aller Zeiten, die schwärzeste romantische Komödie und das süßeste Drama.
generisch einzigartig
Nicht nur für seine Autoren ist der Film zum Zenit geworden. Phil Connors ist zur Schablone aller Bill Murray Rollen geworden. Die Grenzen zwischen Rolle und Schauspieler scheinend fließend. Phil ist diese Balance aus Überzeichnung und Realismus. Ich mag den Film auch so sehr, weil ich so viele Parallelen zum Protagonisten sehe. Ich kenne wenige Filmfiguren, die so effektiv ihre Umwelt manipulieren wie Phil Connors es schafft. Die Figur ist so modern wie eh und je. So viel Zynismus, so viel fehlende Empathie, ist sicher schon wieder aus der Mode gekommen, aber es bleibt unterhaltsam wie viele Jahre zuvor.
What would you do if you were stuck in one place and every day was exactly the same, and nothing that you did mattered?
Heute wie damals fasziniert mich die so umfilmische Prämisse, die hier so fesselnd inszeniert wird. Zeitschleife hin oder her, der Tag einer Wetterberichterstattung, beinhaltet jetzt wenig klassischen Filmstoff und doch ist es eine realistische Plattform für die dann doch bekannte Geschichte vom zum Licht findenden Antihelden. Dadurch wird Groundhog Day für mich so zeitlos sehenswert. Punxsutawney ist jeder Ort und keiner. Solche Details, die wie Zufall wirken, sind hart erarbeitet Absicht und zeichnen den Film aus.
French poetry
Ich habe damals schon in einem Kommentar erwähnt, dass der Film meiner Erfahrung nach, irgendwie mehr Anklang bei seinen männlichen Zuschauern findet. Ich bleibe dabei und verstehe es mittlerweile auch. Rita ist wirklich nur eine Randnotiz des Films. Ähnlich wie sein Protagonist, dreht sich der Film schon sehr um seinen teilweise sehr düster agierenden Helden. Schon komisch, heutige Komödien drehen sich Helden, die viel weiter gehen als ein Phil Connors, aber in einem so nach Realismus strebenden Kontext, wirkt ein Phil Connors dann eben doch plötzlich abschreckend für einige und vielschichtig für andere.
You like boats, but not the ocean. You go to a lake in the summer with your family up in the mountains. There’s a long wooden dock and a boathouse with boards missing from the roof, and a place you used to crawl underneath to be alone. You’re a sucker for French poetry and rhinestones. You’re very generous. You’re kind to strangers and children, and when you stand in the snow you look like an angel.
Ich sehe in diesen Kontrasten, eine der Stärken des Films. Nur so funktioniert das Konzept der sich wiederholenden Tage. Nur so funktioniert die Veränderung der Figur. Wo Licht ist, entstehen Schatten und ein Phil Connors funktioniert besser als Schatten seiner selbst. Spätestens wenn wir den Helden bei jedem weiteren Suizid scheitern sehen, dann entwickelt der Film für mich eine Ebene, die mir kaum ein anderer Film bietet. Aus dem trockenem Humor, aus Verachtung, aus Abscheu wird dann doch irgendwie Sympathie und aus Phil Connors wird Phil Connors.
Belohnend
Ich schreibe hier nicht zum letzten Mal über Und täglich grüßt das Murmeltier. Wieder und wieder funktioniert der Film für mich anders. Ich entdecke Neues, deute Bekanntes anders, finde Bestätigung in Vertrautem. Hier haben wir einen Film, der sich mit seinen Zuschauern verändert und mehrfaches Anschauen belohnt. Diese kleine Komödie geboren aus der absurden Idee, entwickelt sich zur Plattform für Gedanken über die eigene Person, über den eigenen Phil Connors in jedem von uns.
Mit den vielen religiösen Interpretationen des Films kann ich wenig anfangen, selbst wenn sie wahrscheinlich mehr als offensichtlich zu sehen sind. Für mich bleibt es die Fabel vom fallenden und dann am Ende doch steigenden Helden, der eben nicht die Welt rettet, sondern sich selbst. Groundhog Day erreicht sein Ziel ohne Kitsch, ohne Pathos, ohne Lücken, ohne Langeweile, ohne Logik, ohne Zweifel, dafür mit Sorgfalt und Herz. Es ist modernes Märchen, das selbst in einer Zeitschleife festzustecken scheint, denn nicht ohne Grund kann ich solch einen Eintrag eigentlich mindestens einmal im Jahr schreiben.
Hier schließt sich der Kreis zum Zitat am Anfang des Textes. Ich habe viele der Kommentare zum Tode von Harold Ramis gelesen. Alle verwandelten sich für kurze Zeit in eine Lobeshymne zum Film Und täglich grüßt das Murmeltier. Kein zynisches Wort, über einen maßlos überschätzten Klassiker. Nur ehrliche Sätze über einen magischen Moment der Filmgeschichte, der bis heute seine Wirkung zeigt und aus seinen Zuschauern bessere Menschen gemacht zu haben scheint. Besser kann Kino nicht sein.
1 Kommentar
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global $hemingway ?>[…] diesen Film nicht mögen. Lange vorher laß ich über dieses Drehbuch, dass eine Variation meines Lieblingsfilms sein sollte. Dann noch plötzlich mit Tom Cruise als Hauptdarsteller. Warum? Es stellt sich heraus, […]