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"Monsters are real, and ghosts are real too. They live inside us, and sometimes, they win." — Stephen King
So langsam komme ich in die Phase, wo ich meinen Geschmack für Medien etwas genauer beleuchte. Horror-Filme zum Beispiel. Wieso erfreue ich mich – mitlerweile zwar weniger, aber immer noch – an so eigentlich furchtbaren Bildern und Themen? Ich glaube meine persönliche Wurzel des Bösen gefunden zu haben. Dafür muss ich ein paar Jahre in die Vergangenheit reisen. Film als Medium existierte für mich praktisch bis zu meinem neunten Lebensjahr nicht wirklich. Den einzigen Film den ich bis dahin bewusst wahrgenommen hatte war E.T.. Danach kommt lange Zeit nichts und dann ab 1990 die moderne Erfindung des West-Fernsehens und der VHS-Kassette. Es sind drei Filme, die sich teils traumatisch ins Gedächtnis gebrannt haben, die aber heute zu meinen absoluten Lieblingsfilmen zählen.
Die Geschichte ist bei allen ähnlich. Ich durfte immer nur den Anfang schauen und musste anschließend so tun, als ob ich schlafen gehen würde. In Warheit lauschte ich den Tönen von nebenan und die Bilder dazu kreierte die eigene Fantasie. Die drei Filme? Der weiße Hai, Alien und Aliens. Besonders letztere haben beide ihre Schlüsselszenen in der ersten Hälfte. Wahrscheinlich war es auch das Nicht-Wissen was da noch kommen mag, Fakt ist in beiden Fällen wurde ich nach der Chestburster Szene in die Heia geschickt, wo der wahre Horror erst anfing. Ich wünschte mir gern diesen ersten Moment zurück, als Filme noch pure Magie wahren und es keine Trickeffekte gab, sondern nur die verfilmte unantastbare Realität. Ich hab in dieser Nacht kein Auge zugemacht. Zu intensiv war der Film, der sich weiter im Kopf abspielte.
Von jenen Momenten an, war ich fasziniert von dem was ich später als Horror Genre in seiner ganzen Pracht kennen lernte und es war nicht immer einfach in der Hochburg der VHS-Zensur, seinen Horror Horizont zu erweitern. Letztendlich kam man aber immer an die Tanz der Teufel oder die Zombies im Kaufhaus heran. Heute lässt mein Geschmack für das Makabere, das Unheimliche, das Blutige und das Wiederwertige dann doch langsam nach. Zu transparent ist nicht nur das Genre, sondern auch das Medium geworden. Horror ist ein einziger großer Zaubertrick, dessen Wirkung verschwindet sobald man unter das dunkle Tuch schaut. Ich finde es trotzdem spannend, wie dieses Genre primär ein Demografie junger männlicher Zuschauer und Macher fesselt. Alle großen Namen haben sich die Hände in Kunstblut dreckig gemacht. Besonders heute regieren die ehemaigen VHS-Könige der Schund-Ära.
Bei Videospielen ist ein ähnlicher Effekt zu beobachten, nur verfliegt seine Wirkung hier noch schneller. Das erste Spiel, dass mir wirklich Angst bereitet hat, war Xenomorph ein 16-Bit Dungeon Master Klon. Spiele waren damals noch schwierig und Fehler wurden bestraft. Dazu kam diese krude Präsentation und ein ins Mark gehender Sound-Effekt, sobald das virtuelle Ich Schaden nahm. Eine der berühmten ersten intensiven Erfahrungen. Ich hasse und liebe diesen Titel. Horror funktioniert bei Spielen aus vielen Gründen sehr eingeschränkt. Titel sind zu lang, Mechaniken zu repetativ und „Grusel“ meist nur ein Randeffekt von aufgesetztem Ressourcenmangel. Wobei… das erste Silent Hill war ziemlich harter Tobak, besonders der Anfang in der Schule. Das es aber immer anders geht zeigt der Indie-Titel Amnesia: The Dark Descent. Der Trick hier ist ein einziger, der aber so gut funktioniert, dass er das Spiel trägt. Amnesia ist eine der wenigen modernen Horror Erfahrungen, denen ich mich verweigern muss. Der Titel ist teilweise zu intensiv für mich. Bravo und absolute Kaufempfehlung.
Am Ende habe ich aber noch immer nicht wirklich die Frage beantwortet, worin die Faszination besteht, sich durch künstlich künstlich erzeugte „Angst“ zu unterhalten. Ist es das Fehlen echter Angstzustände in der modernen Gesellschaft? Davon gehe ich aus. Ähnlich lässt sich auch der Siegeszug von Gewalt insgesamt als Unterhaltungsform erklären. Horror ist wie Pornografie pures Medienprodukt. Vielleicht alle Generationen mal bekommt das Genre einen Hauch von Kunst verpasst bekommt. Gleichzeitig ist Horror aber völlig zeitlos erfolgreich. Ein Dauerbrenner, funktioniert bei jeder neuen Generation…bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Am Ende ist bei mir auch ein neues Medium schuld am Niedergang dieses Genres. Das Internet brachte soviel echten Horror mit sich, wie es eine Dekade VHS und DVD nicht mal im Ansatz geschafft haben. Es wird Zeit vom Grusel langsam, aber wirklich ganz langsam Abschied zu nehmen. Mal schauen was danach kommt.
1 Kommentar
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Beim Weißen Hai und Alien bin ich ganz bei Dir. Beide habe ich lange vor der sinnvollen Altergrenze gesehen. Und beide haben mir auf Jahre einen Schrecken und eine Liebe eingejagt.
Anders als Du hab ich aber nie zum Genre gefunden. Nur in Ausnahmen. Deshalb erwischen mich die ein, zwei Innovationen des Genres alle paar Jahre immer noch schwer: 28 Days later, Cloverfield. Super.