
Schieflage
Ich wollte irgendwas festhalten über die letzten Tage, respektive der politischen Ereignisse, aber irgendwie machen das andere viel besser und sicher würde ich mich im Ton vergreifen und / oder den doch neutralen, krampfhaft subjektiven Ansatz dieses Weblogs mal wieder verlassen. Deshalb versuche ich es mal so generisch wie möglich zu halten.
Vor langer Zeit war ich auf einer Konferenz, mit einer Gast-Rednerin, die als Professorin in New York für diverse Marketing-Themen lehrt. Ihren Vortrag damals werde ich nie vergessen, und es ging um die Frage ihrer Tochter eines Morgens am Frühstückstisch, warum MySpace zeitweise als Marke mehr wert war als Jahrhunderte alte andere Marken und Unternehmen. Was folgte, war eine präzise Auflistung über Vereinsamung der Gesellschaft mit wachsender Suche nach einer Zugehörigkeit und die fand und findet eben mehr denn je online statt.
Mehr als zwanzig Jahre später erleben wir eine für mich unvorstellbare Verrohung von Zwischenmenschlichem, Kommunikation insgesamt und das Ausradieren selbst winzigster Ansätze von Respekt, im Umgang miteinander. Nur um ganz kurz eine nicht schöne Schulzeit meinerseits zusammenzufassen. Wir wurden und haben gemobbt und uns auf die Fresse geschlagen. Es war ein Witz, im Vergleich dessen, was ich heute überall wahrnehme.
Die Demokratisierung vom Teilen der eignen Meinung im globalen Ausmaß, dreht heute teilweise die Beweislast um und ich finde mich in Situationen wieder, wo mir Menschen den Beweis abverlangen, dass die Erde keine Scheibe ist.
Ich kann es sogar in irgendeiner Weise nachvollziehen, denn besonders in meiner Generation und selbst weit darüber hinaus, war für die breite Masse der Bevölkerung, das Leben ein objektives Paradies, ohne essenzielle Sorgen und Nöte und besonders, wenn man wie ich eine Großelterngeneration hatte, welche exakt jene essenziellen Sorgen und Nöte noch erlebt hat, dann frage ich mich, was da in vielen Familien an Kommunikation zwischen den Generationen schiefgelaufen ist.
Allein in den letzten paar Jahren türmen sich für viele Menschen teils komplexeste unlösbare Probleme auf, deren Lösung maximal dazu führen kann, dass das Paradies der letzten Dekaden, etwas weniger Früchte trägt. Politik kann das auch nicht mehr liefern, wie denn auch, die heutige Generation an Politikerinnen und Politikern ist selbst nicht vorbereitet auf aktuelle Herausforderungen und so gewinnen eben jene den Zuspruch einer wachsenden Menge, die illusorische, einfachste Lösungen für unlösbare Probleme versprechen.
Die Dinosaurier wählen gerade, welcher Meteorit es sein soll.
1 Kommentar
global $hemingway ?>Ich würde gern etwas Tröstendes schreiben. Zum Beispiel dass ich in den letzten zwei Jahren mit Menschen wie Dir in Kontakt komme, und das tut sehr gut. Auch wenn wir (inzwischen alte) Medien dazu nutzen. Dass wir einander haben, auch wenn um uns herum es so scheint, dass die Menschheit verroht und die dünne Schicht der Zivilisation zu erodieren scheint. Also, ich würde gern etwas Tröstendes schreiben. Das misslingt mir aber weitestgehend.
Daher sag ich einfach mal: <3