Breaking Bored
Es ist eigentlich unmöglich, der schieren Masse verbaler Online-Orgasmen zu entgehen, die sich um Breaking Bad ergeben. Leider muss ich eingestehen, dass ich mit moderner dramatischer Fernsehfiktion, nicht viel anfangen kann. Ist es eine Frage des Alters? Eine Frage der aktuellen mentalen Einstellung oder noch immer die allgemeine Ablehnung, recycelter, in die Länge gezogener Erzählformeln?
Zwei Dinge. Ganz ehrlich? Ein weißer, männlicher, wütender Anti-Held, der den amerikanischen Traum lebt? Egal, wie gut gemacht, wie subtil-schockierend inszeniert, sowas ist im Jahre 2013 eine einmal durch den Erdkern geprügelte Geschichte. Hinzu kommt, dass ich mittlerweile grundsätzlich das pseudo-realistische, mal mehr mal weniger mit Action hinterlegte Drama ablehne. Ich hab gerne einen Unterschied zwischen Tagesnachrichten und meiner Realitätsflucht in die Fiktion. Der Soziopath mit Herz ist in jedem Wohnzimmer angekommen? Traurig oder Gott sei Dank? Ich kenne die Antwort nicht. Ich göhne jedem seine Fiktionsflucht in politisch unkorrekte Gebiete. Verdammt, ich mag meine Dosis echten, intensiven Schund immer noch mehr als alles andere, aber Dutzende Stunden dafür opfern? Nein Danke.
Der Erfolg des modernen TV-Dramas lässt sich relativ einfach auf ein anderes, mir vertrauteres Medium zurückführen. Das Amerikanische Bezahlfernsehen bekommt den Biss, der dem Film ausbluten lässt. Die Formel ist zu einfach: Erlebniskino für die 14- bis 24-Jährigen, Fernsehen für alle anderen. Ich bin dem Kino verfallen, als Erlebniskino noch die Ausnahme und nicht die Regel war. Warum sind die Fernsehgeschichten so viel „erwachsener“, „intensiver“, „spannender“? Wenn man keinen Trickeffeckt als Fluchtmöglichkeit mehr hat, dann muss es das Drehbuch wieder reißen. Willkommen im modernen Amerikanischen TV-Drama, bei denen Protaginisten endlich mal wieder dem Windelalter entwachsen sind. Eigentlich sollte ich das Format mögen, aber im Kern sind auch die älter besetzten Geschichte, irgendwie dann wieder doch inkompatibel zur persönlichen Präferenz.
Ich bin überzeugt, dass ein modernes TV-Drama auch noch bei mir einen Fan finden wird, aber dafür braucht es andere Formeln als den männlich-wütenden Anti-Helden. Diese Formel ist schon perfektioniert. Ganz ehrlich finde ich den Sekundärinhalt rund um ein Breaking Bad deutlich spannender, als das eigentliche Produkt. Dass ein TV-Produkt so teilweise wirklich substantielle Dialoge auslösen kann, ist bermerkenswert.
Mein zweiter Gedanke zum Thema ist etwas langweiliger. Auch ich schimpfe immer rum, wie seicht und anspruchslos Popfiktion heute ist. Offensichtlich geht es auch anders, aber warum genau im Amerikanischen Fernsehen? Eines muss man diesem Markt wirklich sehr hoch anrechnen. Es gibt ein Publikum, dass bereit ist für überdurchschnittliche Kost Geld zu bezahlen. Wenn dann ein Deutsches Fernsehen sein Breaking Bad Pendant sucht, darf man sich schon jetzt freuen, wie toll das werden wird.
Fernseh Drama 3.0
Der Breaking Bad Autor kommt aus der klassischen TV-Schmiede Amerikas und hat sich von Serie zu Serie gearbeitet. Er selbst legt das Geheimnis der Serie und vieler anderer ähnlich erfolgreicher Formate offen. Die klassische Fernsehepisode ist so angelegt, dass sie auch nach Jahren wieder und wieder in Wiederholung funktioniert. Alles ist eine abgeschlossene Geschichte. Genau dafür mag ich das Format so sehr. Es ist das Oxymoron aus potentieller Unendlichkeit einer Serie und dennoch der Kapselung einer Folge.
Die moderne Serie ist eher ein in die Länge gezogener Kinofilm, um DVD Boxen zu verkaufen. Dafür braucht es Plots, die Folgen überspannen. Für viele ist es eine Stärke, für mich eine Schwäche. Ich mag meine TV-Serie altbacken und ein Drama dieser Kategorie, abgeschlossen innerhalbs eines zwei Stunden Filmformats. Für alles andere fehlt mir mittlerweile die Geduld. Wenn ich so viele Stunden in eine Geschichte stecken soll, dann lese ich lieber ein Buch. Tut mir fast leid, aber mehr wird es über Sopranos, The Shield, The Wire oder eben Breaking Bad hier nicht geben, aber ich beneide euch Fans.
2 Kommentare
Für diesen Eintrag wurden die Kommentare geschlossen.
global $hemingway ?>Deine Kritik in Ehren, aber eines muss man diesem Format zu gute halten. Es hat nichts mehr mit dem ursprünglichen Format „Serie“ zu tun. Sie sticht aus dem Fernsehbrei hervor, gerade weil sie sich Zeit nimmt und erzählt und zeigt, anstatt einen mit Science-Facts oder Emotionalitäten zu überlagern.
Diese Serie ist ein Film, ein sehr langer Film. Sie hat jedes dramaturgische Element eines Films. Aufgrund der Länge mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Was ich der Serie sehr hoch anrechne ist, dass sie ein Ende hat 🙂
Ob man nun Zeit dafür investiert ist dann tatsächlich jedem selbst überlassen, aber weder ist der Inhalt ausgelutscht, noch kommerzialisiert. Das machen andere Serien besser. Lost war so eine Serie z.B. (die dann auch in Staffel > 5 noch laufen).
In Kombination mit der passenden Thematik, werde ich sicher auch noch meinen Spaß mit dem Format Fernseh-Drama 3.0 haben, aber bisher finde ich leider wirklich nichts, was mir ein Film noch nicht geben kann. Ich bin geduldig, das kommt schon noch 🙂