die Geister die ich rief – deutsche Zeitungen online
Hahaha, oder passend zur Jahreszeit sollte es besser lauten Hohoho. Also wo anfangen bei dieser neuen Realsatire? So langsam aber sicher entdecken auch deutsche Zeitungen eine brandneue Erfindung genannt Internet dieses Informationsnetz aus diesem lustigen ,lauten und kleinen Plastikasten, der da am Rechner hängt und so Fax-Geräusche produziert. Seltsames Ding.
Irgendjemand scheint den deutschen Zeitungsredaktionen vermittelt zu haben, dass es im Zwischennetz auch so eine Art Leserbrief gibt, hier allerdings großkotzig als Kommentarfunktion betitelt. Dieses Ding soll den Leser binden und als gratis Quelle für sekundären Content dienen. Grandios.
Weit mehr als eine Dekade globale Internetforen-Erfahrung, reicht wohl bei deutschen Redationen nicht aus, um die Stolperfallen bei Kommentaren zu realisieren. Man beklagt „das Niveau“ von Kommentarbeiträgen. Was für ein Schock. Call Captain Obvious!
Wie naiv scheinen da einige Onlineredaktionsleiter zu sein. „Wir wollen dieses ganzen Social-Web-Gedöns, aber bitte ohne den hässlichen Balast.“ „Bitte viele neue Leser, aber bitte nur welche mit einem Diplom!“ Ich finde es sehr unterhaltsam wie typisch deutsch man an das Thema herantritt. Wir deutschen können doch alles reglementieren, wieso also auch nicht Foren-Trolle?!
In Zeiten wo eine reine Nutzerzahl wertvoller ist, als so manche deutsche Zeitungsredaktion, sucht eine Industrie gerade nach den eigenen Wurzeln. Wenn man den Leser mit Paris Hilton-, Dieter Bohlen- und Co.-Aufmachern ködert, dann darf man sich nicht wundern, wenn das Ergebnis jahrelanger Konditionierung mit solchem Mist, Kommentare „ohne Niveau“ produziert. Wir reden hier nicht von Semi-Intellektuellen-Möchtegern-Zeitungen, sondern von praktisch allen Online-Auftritten des deutschen Zeitungs-Sektors. Man fängt immer den Fisch, für welchen man den passenden Köder an den Haken hängt. Nach Leser-Kommentare mit Niveau, ist bei deutschen Online-Zeitungen überhaupt kein Köder vorhanden.
Die Lösung der SZ sieht nun eine Art Tagesschicht-Moderation vor. Wenn die Redaktion nachts von steigenden Leserzahlen träumt, darf kein Online-Kommentar mehr geschrieben werden.
Eine solche intensivere Betreuung erfordert die ständige Präsenz aktiver Moderatoren. Deshalb werden wir die Kommentarfunktion ab sofort zwischen 19 Uhr abends und 8 Uhr morgens einfrieren. Das bedeutet, dass in dieser Zeit auf sueddeutsche.de keine Kommentare publiziert werden können. Dieser „Freeze“ gilt auch für die Zeit am Wochenende – zwischen Freitag, 19 Uhr, und Montag, 8 Uhr – sowie für Feiertage.
Dass man so im schlimmsten Fall wertvolle Kommentare ausschließt, ist kalkuliert und zeigt welch wahren Wert man hierzulande auf Kommentare von Nutzern legt.
Blogs sind für deutsche Journalisten noch immer der substanzlose Auswurf Semi-Intellektueller. Zu dumm für das Studium, zu schlau für die Bettpfanne. Erkannt scheint man dennoch zu haben, welchen enormen Vorteil Blogs gegenüber klassischen Zeitungen und Magazinen so bieten, nämlich die Kommentar-Funktion. Kommentare sind ein Totschlagargument geworden, auf das man bisher oft neidisch herabschaute.
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