Twitter-Nachrichten schon jetzt das Oxymoron 2008
Das Internet is ganz toll. Während in Indien wieder der Terror seine Spuren hinterlässt, streitet die Blogosphäre, über den Wert von Twitter während des Anschlags bzw. wie überlegen Twitter doch gegenüber allem war/ist/sein möchte. BS
Normalerweise entzieht sich diese Diskussion völlig der Thematik. Wie pervers ist es bitte, dass der Terror Werbung für eine Marke macht? Davon abgesehen zeigt allein der Gedanke, Twitter sein Nachrichtendienst 2.0 lächerlich. Twitter gibt es seit Beginn des Internets nur war es ungebündelt, hatte keinen Namen und somit wenige Leser.
Ich erinnere mich noch an den 11. September 2001. Als ich gegen 17 Uhr nach Hause kam, wurde der Fernseher angemacht – und der Rechner auch. Während im TV Bilder Weltgeschichte schrieben, liefen im IRC Channels jene Meldungen ein, die heute als Twitter angeblich die Welt retten sollen. Zwei Channel habe ich damals mitgelesen und mitgeschrieben, beide waren dem Thema eigentlich völlig fremd, beide waren aber von wenigen New Yorkern besucht und die schrieben munter und ungefiltert ihre Meldungen und zwar auch mit mehr als 140 Zeichen und auch mit Digital-Fotos, die direkt an alle im Channel verschickt wurden.
Sicherlich waren diese Informationen praktisch ungefilterte Echtzeit und somit greifbarer, aber sie waren eben nur das was sie sein konnten und keine Berichterstattung im Fernsehen.
Twitter wird nicht genutzt weil es so eine brandneue geniale Idee ist, sondern weil hier Neanderthaler (alte Medien) die Erfindung des Rads entdecken. Es ist der Strohhalm an dem man sich klammert, um jene zu finden, die schon lange nicht mehr die Dinosaurier unter den Medienformen konsumieren. Wie kann man denn bitte Twitter mit einem CNN in einem Satz nennen? 9 von 10 Twitter-Meldungen in solchen Momenten sind abgeschriebene Meldungen der klassischen Formate primär dem Fernsehen, was keiner mehr schaut und somit streut man die Meldungen in Kanäle wie Twitter.
Wer sich damit begnügt Zeitgeschichte in 140 Zeichen pro Update zu erleben, dem ist nicht mehr zu helfen. Twitter ist eine Plattform zu Ver- und Entwertung fremder Inhalte. Twitter ist „Ich sitze grad auf der Schüssel und überlege, welche Schuhe ich mir morgen kaufen soll“. Twitter ist der Link vom Video mit dem sich ins Maul pieselnden Affen. Twitter ist nicht die Nachrichtenquelle zum verfolgen wichtiger Ereignisse.
Vielleicht sollten sich deutsche Medien lieber mal auf die korrekte Bezeichnung der Stadt der Anschläge konzentrieren, als auf einen auf den Abgrund rasenden Zug aufzuspringen. Nur weil der durchschnittliche Deutsche mit Mumbai sicher nichts anfangen kann, heißt diese Stadt trotzdem 2008 Mumbai/Mumbay und nicht Bombai/Bombay. Ausländische Medien bekommen es hin, wieso viele deutsche nicht? Und es ist wieder so ein Problem quer über alle Medien verteilt, einzig die uralte Tageszeitung scheint wenig betroffen. Fernsehen, Radio, Internet balancieren alle zwischen Bombai und Mumbai.
4 Kommentare
Für diesen Eintrag wurden die Kommentare geschlossen.
global $hemingway ?>»Vielleicht sollten sich deutsche Medien lieber mal auf die korrekte Bezeichnung der Stadt der Anschläge konzentrieren, als auf einen auf den Abgrund rasenden Zug aufzuspringen. Nur weil der durchschnittliche Deutsche mit Mumbai sicher nichts anfangen kann, heißt diese Stadt trotzdem 2008 Mumbai/Mumbay und nicht Bombai/Bombay.«
Dem kann ich ganz und gar nicht zustimmen.Im Deutschen heißt die Stadt einfach Bombay. Punkt. Genauso, wie Köln im Englisch/Amerikanischen Cologne heißt und München Munich genannt wird. Da beschwert sich auch keiner, ganz im Gegenteil: Es wird sogar oftmals auf (deutschen) Wegweisern ergänzt, damit sich die lieben Touristen auch zurechtfinden. Warum muss der, die, das Deutsche sich immer und immer wieder umgewöhnen, nur weil auf einmal ein hergelaufener Despot sich überlegt, dass er sein Land/Stadt/Meerenge auch mal nach seinem Lieblingspudel benennen könnte.
Es heißt auch Peking, genau wie die Ente!
Das ist nicht richtig. Bei Bombay/Mumbai geht es nicht um die Schreibweise oder Aussprache bzw. deren Anpassung in verschiedene Sprachen. Die Stadt wurde offiziell umbenannt. Vergleiche etwa Rhodesien/Simbawe. Die Stadt heißt also Mubai. Punkt. Und nicht mehr Bombay.
Bombai stammt aus der Zeit, als die Stadt von England besetzt wurde. Zu der Zeit passte man den Namen an die Sprache an und aus Mumbai wurde Bombai. Die eigentliche Name war immer Mumbai, allerdings entspricht der Ursprung des Wortes nicht dem Englischen, weshalb man den Namen einfach angepasst hat. 1996 allerdings änderte man den Namen der Stadt offiziell zurück zum Ursprung. Mumbai ist wirklich offiziell, das hat nichts mehr mit dem Anpassen des Namens zu tun. Die „neue“ Anpassung ist maximal Mumbay (so wie man es auch oft sehen konnte). Bombai ist schlicht falsche Information.
Das mag man sehen wie man will. Bombai ist auf jeden Fall allgemein bekannter und deshalb für den Zuschauer leichter und besser einzusortieren. Istanbul, Konstantinopel. Chemnitz, Karl-Marx-Stadt. Jeder denkt sich doch eh seinen eigenen Namen aus. Wichtig ist, dass man versteht worum es geht. Und nur, weil es der deutschen (oder englischen) Zunge angepasst wurde ist es – meiner Meinung nach – noch lange nicht grundfalsch und somit kein weiteres Argument, dass man gegen das (sowieso schon bedauernswerte) Fernsehen als Fehlinformation ins Felde führen darf.