Abstrahierte Kreativität und der Spaß dabei
Eines meiner kleinen beruflichen Rituale der letzten Jahre ist ein abschließendes Meeting mit meinem Team. Die letzten Jahre waren es nur meine Designerinnen und Designer, aber gestern sollte das gesamte Produkt-Team dabei sein. Ich fasse dabei zusammen, was wir dieses Jahr alles geschafft haben und was meine persönlichen Höhe- und Tiefpunkte waren, sowie was ich in diesem Jahr gelernt habe. Eine Lehre dieses Jahres war der Einsatz von LLM-getriebenen Werkzeugen, die ich während der Präsentation mit dem Untertitel The Good, the Bad and the Ugly betitelte.
Zusammengefasst muss ich sagen, dass ich bei vielen Design- und Prototypen-Lösungen noch nicht vollständig einen guten Einsatz für meinen Arbeitsablauf gefunden habe. Allerdings sehe ich große Fortschritte dieser Werkzeuge, und diese werden nicht aufhören. Ich benutze diese Lösungen bisher, um mir schnell alle populären UI-Lösungen für existierende Probleme zeigen zu lassen. Vorher ging ich dafür manuell zu diversen einzelnen Webseiten. Den Schritt kann ich mir nun sparen.
Unersetzlich sind LLMs für Textausgabe geworden. Englisch ist nicht meine Muttersprache, und wann immer ich Text für unser Produkt kreieren muss, überlasse ich die Auswahl LLMs. Da fehlt mir einfach das Wissen, hier eine bessere Entscheidung fällen zu können, respektive fällt es mir nicht auf, wenn die Maschine hier nicht das beste Ergebnis produziert. So ähnlich geht es zum eigentlichen Thema des Artikels und passend dazu las und sah ich die Tage wieder viele neue Kommentare zu dem Thema, diesmal primär im Kontext von wirklich kreativer Arbeit.
Spaß vs. Produktivität
Besonders beim Thema Videospiele wird die Sau AI gerade durchs Dorf getrieben. Nein, nicht im bisherigen Kontext, sondern als Werkzeug der Produktion, die ökonomisch zur Achillesferse der Industrie geworden ist, und genau da splittet sich das Thema direkt auf, zur Perspektive der Wirtschaftlichkeit eines Prozesses und der Qualität des Ergebnisses. Hier existiert besonders bei kreativer Arbeit immer ein Interessenkonflikt. Exakt deshalb existieren Artikel wie dieser mit dem referenzierten Interview und seit heute einem neuen Ausschnitt.
Den Photoshop-Vergleich finde ich interessant. Fakt ist, Photoshop hat völlig neue Optionen eröffnet. Generative KI? Der Definition nach ist hier nichts Neues möglich, sondern es ist ein neuer Weg für Existierendes1. Viele Ängste gegenüber dieser Technologie, auch bei mir, gründen auf der Vorstellung, dass man den Spaß an der Sache abstrahiert, durch etwas weniger Unterhaltsames ersetzt, alles im Kontext der Profitabilität. Besonders für Profile in den Führungsetagen diverser Firmen, deren Hintergrund eigentlich ein anderer zu sein scheint als das Kreative, bleibt es ein Entfernen unangenehmer Abhängigkeiten. Wahrnehmung von Wert verschwindet, wenn jeder Einzelne per Texteingabe Hollywood-Filme entstehen lassen oder zum Concept-Artist per Malen-nach-Text werden kann. Demokratisierung des Erschaffens von Medien hat in den letzten 20 Jahren jetzt nicht immer dafür gesorgt, dass die Welt eine bessere geworden ist?!
„It’s a snake eating its own tail,“ he said. „It can’t grow and think for itself, it just consumes, and it tries to mimic what it’s consumed. That’s the best it can do right now.“ #
Ich glaube jedoch noch an eine gute Entwicklung dieser Technologie, ihres Konsums und am Ende auch ihrer Regulierung. Wahrscheinlich viel zu spät wie immer, aber was schimpfe ich über Verspätungen. Ich hätte selbst gewisse Dinge vor vielen Jahren abschließen sollen.
Um das Ganze auf einer positiven Note zu beenden: LLMs helfen mir gerade sehr, Kunst für Aufmacherbilder zu finden. Großartig, könnte eine schnöde Suchmaschine aber auch.
Aufmacherbild: A Disaster (1890) – José Jiménez Aranda ↩
0 Kommentare
global $hemingway ?>