
Warten auf’n Bus
Deutsches Fernsehen. Das ist bei mir eine Hass-Liebe, ähnlich wie beim Kino. Für jedes Stromberg existieren zehn Hausmeister Krause. Gute regionale Fiktion definiert sich für mich immer nach Identifikation. Auch Unterhaltung ist mittlerweile internationalisiert und das sage ich als jemand der mit Amerikanischem Kino medial aufgezogen wurde. Trotzdem oder gerade deshalb erwarte ich von hiesiger Unterhaltung etwas anderes, etwas mit Seele und Charakter. Nicht austauschbar. Genau das bekomme ich bei Warten auf’n Bus.

Ostdeutsch. Damit kenn ich mich etwas aus, schließlich habe ich die ersten Jahre meines Lebens in der DDR verbracht. Repräsentiert sehe ich mich aber selten in nationaler Unterhaltung. Diese Serie versucht diese klaffende Lücke, wenigstens etwas zu füllen und dabei laufen mir fast die Tränen über die Wange.
Objektiv betrachtet ordnet sich die Serie der Slacker Dramedie Sparte unter. Hat man alles schon mal irgendwo gesehen, aber eben nicht aus diesem Winkel. Ohne jetzt groß recherchiert zu haben, gehe ich davon aus, dass auch die kreativen Köpfe hinter der Serie in Ostdeutsche Wurzeln haben, denn einige Details sind hier so gut, dass denkt man sich nicht aus, dass hat man so erlebt.
Ich kenne Menschen die in die Schablone der Protagonisten passen. Ich selbst war Teil solcher Dialoge. Die Serie arbeitet sich an allen großen Themen, die man so im Rahmen der östlichen Kulisse auch erwartet ab, ohne jedoch auch nur eine Sekunde in eine Mitleidsromanze zu verfallen. Warten auf’n Bus ist toll und realistisch geschrieben und schafft die Balance aus Tiefe und Oberfläche.
Seit Der Tatortreiniger das Beste was ich im deutschen Fernsehen gesehen habe. Beide Daumen hoch für Warten auf’n Bus – Staffel 1. Die zweite Staffel hab ich noch nicht gesehen.
2 Kommentare
global $hemingway ?>Ach! Die Rezension war mir ganz durch die Lappen gegangen … scheiss Corona. Die ostsozialisierte Serienvertilgerin an meiner Seite hat „Warten auf den Bus“ irgendwann ohne mich vertilgt und war auch hell auf begeistert. Wir haben es dann aber irgendwie nicht nochmal zusammen geschaut, keine Ahnung warum. Was ich aber eigentlich sagen wollte: Ich glaube es ist an der Zeit, dass wir Dinge nochmal anfangen anders zu denken in Deutschland. Nach den Wende Jahren und den Jahren in denen alle so getan haben, als wären wir einfach eins und den AfD-Jahren danach, ist es glaube ich klug, nochmal genau hin zu schauen, was für über was für Region und Kulturen wir da eigentlich reden, was die uns zu geben haben, ganz ohne die olle-alte West-Ost-Denke. So, wie die Friesen ja auch was anderes sind, als die Franken und ihren eigenen Humor haben und so … weisste, was ich meine … ich hab ich Ahnung „Warten auf’n Bus“ könnte ein guter Schritt in die richtige Richtung sein.
Ist ganz spannend, weil diese Serie selbst innerhalb meines (dann doch sehr ost-deutsch homogenen) Freundeskreises polarisiert. Nicht alle mögen einen solchen Spiegel und allein die Tatsache, dass wir solch eine Serie im Jahre 2022 überhaupt loben müssen, spricht Bände über das erneute Verhältnis zur eigenen Geschichte.
Aber gut zu wissen, dass es euch gefallen hat 🙂 Das freut mich.