unter den Grauen ist der Hellgraue König
Welt.de Relaunch – überall kommentiert findet man im Designtagebuch schon ein paar tiefere Gedankengänge, auch in den Kommentaren, deren Quintessenz irgendwie so lautet: Relaunch eines Nachrichtenportals lautet in Deutschland Template-X mit anderen Farben und Fonts ausstatten und Modul-Y um 20 Pixel nach links zu schieben. Zweifellos findet auch das ungeschulte Auge endlos viele Parallelen zwischen allen deutschen Nachrichtenportalen.
Es spielen halt alle nach den gleichen Regeln. Werbebanner und Klickoptimierung diktieren offensichtlich die Gestaltung. Ob das nachvollziehbar, toll oder schwach ist, muss jeder für sich beantworten. Zu fordern, dass riesige Umbrüche geschehen entspricht dem gestalterischen Tunnelblick. Solange Onlinewerbung auf dem jetzigen Modell basiert, werden wir immer eine Gleichschaltung zwischen dem Design dieser Seiten sehen.
Hinzu kommt die Tatsache, dass hinter diesen Redaktion erst noch ein echter Generationswechsel stattfinden muss. Entscheider sind dort immer noch weiter weg vom Onlinemedium, als der kritische Blogger, der auch an jedem Relaunch Schwächen findet, während er sein WordPress-Blog mit dem Standard-Theme betreibt.
Inhalt & Gestaltung
Bevor wir echte Art Direction wie sie im Gedruckten teilweise ganz klar stattfindet, auch online sehen, braucht es noch viele Jahre und bis dahin rechne ich auch weiterhin mit einem relativen Einheitslook.
Zum einen braucht es noch immer den Umbruch im Kopf vieler, dass Online nicht nur das nervige Stiefkind ist, sondern auf lange Sicht der rettende Anker. Es braucht einen radikalen Umbruch in der Produktion der Inhalte. Zweitverwertung funktioniert nicht mit opulenter Gestaltung. Wer Artikel off- und online gleichwertig präsentieren möchte, muss beides gleich sorgfältig planen, entwickeln und umsetzen. Was man allerdings auch nicht vergessen darf sind quasi Gegentrends wie RSS oder Newsagenturen. Gestaltung rückt hier völlig in den Hintergrund. Niemand wird aufwendig eine Reuters-Meldung verarbeiten. Für Bildergalerien irgendwelcher C-Promis, braucht es ebenfalls keine Sorgfalt. Der Punkt ist, bevor die Inhalte nicht ein gewisses Niveau vorgeben, wird die Gestaltung auch nicht folgen.
Das Geschäftsmodell um Nachrichten außergewöhnlich gut zu präsentieren fehlt schlicht noch und so fehlen auch die Grundlagen in Produktion. Finanziell ist online noch immer meilenweit davon entfernt, die Sorgfalt zu bekommen, die das jeweilige Offline-Pendant genießt. Es wird alles besser, nur dauert es noch ein paar Jahre, um mehr Abwechslung und tolle Nachrichten-Gestaltung auch online genießen zu dürfen. Da müssen erst noch ganz viele Relaunches hinter den Kulissen stattfinden.
Anzumerken bleibt aber schon jetzt, dass ab einer bestimmten Masse neuer Inhalte, die Gestaltung Kompromisse eingehen muss. Solch riesige Content-Schmieden werden niemals jedes Detail perfekt planen können, wie inhaltlich engere Angebote es durchaus schon heute realisieren. Wer hierfür ein Beispiel braucht, der schaue sich Monocle an. Hier finden man Vieles bestätigt, was dieser Artikel aufgezählt hat. Monocle hat keine Werbung, steht finanziell dank gedrucktem Magazin ordentlich da und produziert ganz bewusst für off- und online parallel neue Inhalte. So klappt’s auch mit der sehr sehenswerten Gestaltung.
4 Kommentare
Für diesen Eintrag wurden die Kommentare geschlossen.
global $hemingway ?>Na, wenn das mal kein SimpleAmpersand ist.
🙂
.
wie ben schon sagte: auf den punkt gebracht.gespannt beobachte ich die versuche, zwischen content, zeitmangel und liebevoller gestaltung nicht einen spagat, sondern ein schuh draus zu machen. kennt ihr gute beispiele, wie gestaltung – und zwar einzelner artikel – auf CMSen gut funktioniert?
Im kommerziellen Bereich, kenne ich bisher nichts, wahrscheinlich sind hier die üblichen Verdächtigen gerade am Werkeln.