Stanley Kubrick’s 2001 – A Space Odyssey
Es gibt vier Kategorien von Science-Fiction. Star Wars: das klassische Märchen getarnt als Sci-Fi. Star Trek: das erklärende Sci-Fi, mit möglichst viel Bezug zur Realität und technischem Fokus. Zuletzt noch alles Düstere, der Weltuntergang und das belehrende Sci-Fi: Vertreter sind Blade Runner, Terminator oder Matrix. Achja und dann gibt es noch Stanley Kubrick’s 2001 – A Space Odyssey, welches eine völlig eigene Kategorie ausfüllt. 2001 ist die Poesie aller Sci-Fi-Schinken. Es ist Lyrik, zu der man erst den richtigen Zugang finden muss. Star Wars ist das McDonalds, 2001 ist der Edel-Italiener um die Ecke. Das Drehbuch beginnt mit diesen Zeilen:
The remorseless drought had lasted now for ten million years, and would not end for another million. The reign of the terrible lizards had long since passed, but here on the continent which would one day be known as Africa, the battle for survival had reached a new climax of ferocity, and the victor was not yet in sight. In this dry and barren land, only the small or the swift or the fierce could flourish, or even hope to exist.
2001 beginnt mit einer dialogfreien, scheinbar endlos langen Sequenz mit dem Titel Dawn of Men. Es zeigt einen kleinen Stamm prähistorischer Urmenschen, noch mehr Tier als Mensch. Die letzten Exemplare des Stammes kämpfen ums Überleben, in einer trostlosen Umgebung, die wenig Hoffnung lässt. Eines Tages taucht ein Monolith auf und versetzt den Stamm in Aufregung. Kurze Zeit später werden wir Zeuge, wie einer der Urmenschen einen Stein benutzt, um damit einen Knoch zu zerschlagen. Als der Stamm wenig später gegen einen anderen Stamm um ein Wasserloch streitet, wird der Zuschauer Zeuge, wie unser Erfinder von eben, seine neue erfundene Waffe gegen den Feind einsetzt und ihn tötet. Begeistert von seinem Sieg wirft er seine Waffe in die Luft, woraufhin der Film in die Zukunft springt und einen Satelliten im All zeigt.
Im weiteren Verlauf des Films, werden wir Zeuge wie weitere Monolithen auftauchen. Immer weiter im All entfernt. Eine Raumschiff wird daraufhin auf eine unbekannte Mission geschickt, den Ursprung der Monolithen zu finden. Der Hauptcomputer dieses Schiffes nimmt eine zentrale Rolle des Films ein. Plötzlich dreht sich 2001 um das Thema Schöpfung und Intelligenz, Erschaffung und Auslöschung von Leben. Der schließlich letzte Akt des Films dreht nochmal einen Gang auf und abstrahiert sein Ende bis ins Extreme. Der Hauptcharakter sieht sich selbst altern, sterben und wird am Ende sogar neu geboren, um ein Bild zu schaffen, dass Filmgeschichte geschrieben hat.
„I’m sorry, Dave, but in accordance with sub-routine C1532/4, quote, When the crew are dead or incapacitated, the computer must assume control, unquote. I must, therefore, override your authority now since you are not in any condition to intelligently exercise it.“ HAL
Für mich ist 2001 immer noch eine herausragende Kombination von Bild und Ton. 2001 ist sehr gut gealtert. Die Kombination aus perfekter Sci-Fi-Optik und bombastischer klassischer Musik, ist bis heute unerreicht. Auch wenn 2001 als klassische Geschichte mal mehr oder mal weniger funktionieren mag, Video und Audio sind immer noch erstklassig. Der eigentliche Film hat was Handlung betrifft, sicherlich seine Schwächen. Besonders in der Mitte zerrt es doch mächtig. 2001 verlangt quasi ein mehrmaliges Ansehen. Hat man die Handlung einmal realisiert, bekommt man mehr Raum zur Analyse. Auch sicherlich deshalb hat 2001 zu seiner Veröffentlichung eher weniger Anerkennung erfahren. Je älter der Film wird, umso mehr Kritiker erkennen seinen wahren Wert.
audiovisuell
Auch ohne CGI, auch ohne Blue-Screen oder heutige Standards, hat es 2001 geschafft, eine unvergessene Optik zu kreieren. In Kombination mit der epischer Musik Richard Strauss‘, schafft es 2001 fast psychodellische Wirkung zu entfachen. Das Prouktionsdesign ist auch heute noch grandios. Wo bei Star Trek und Star Wars Röhrenfernseher als Computer-Monitore benutzt worden, trumpfte 2001 schon 1968 mit der Illusion von Flachbildschirmen auf, heute keine Illusion mehr, sondern Realität.
Immer noch beeindruckend ist die Illusion der Schwerelosigkeit innerhalb der Raumstation, wo wir eines der Mitglieder an der Wand der Station laufen sehen. Man muss ich immer vor Augen halten, dass wir hier 40 Jahre alte Spezial-Effekte betrachten. 2001 führt hier das Genre noch immer an.
Optisch auch heute noch ungewöhnlich oder besser gesagt unverbraucht, sind die wenigen aber sehr effektiven Einstellungen, bei denen allein durch Kamerawinkel und dem kompletten Drehen der Kulissen synchron zu einander, versucht wird, den Eindruck von Schwerelosigkeit zu erwecken. Diese Szenen wirken noch immer erstaunlich gut.
Deutung und Vermächtnis
Es gibt ganze Doktor-Arbeiten zu 2001. Ich distanziere mich auch davon, dass der Film eine einzig richtige Aussage treffen möchte. 2001 ist auch deshalb so wunderbar, weil er eben auch aus verschiedenen Blickrichtungen funktioniert.
Es gibt zwei Theorien zur Bedeutung der Monolithen im Film. Die eine besagt, dass die Monolithen direkt auf die Entwicklung der Menscheit Einfluss nehmen, die andere lässt die Monolithen als reine passive Objekte funktionieren, die prüft, wie weit der Menscheit im Raum und Entwicklung vorgestossen ist. Ich kann mit der zweiten These mehr anfangen.
„Say, Dave… The quick brown fox jumped over the fat lazy dog… The square root of pi is 1.7724538090… log e to the base ten is 0.4342944… the square root of ten is 3.16227766… I am HAL 9000 computer. I became operational at the HAL plant in Urbana, Illinois, on January 12th, 1991. My first instructor was Mr. Arkany. He taught me to sing a song… it goes like this… „Daisy, Daisy, give me your answer do. I’m half; crazy all for the love of you… etc.,“ HAL
Der Akt um den Bordcomputer HAL und dessen wachsendes Bewusstsein, lässt ebenfalls genug Platz für diverse Theorien. Die künstliche Intelligenz, die ihre wahre Macht erkennt, jedoch letzendlich nicht davor geschützt ist, mit primitivsten Mitteln deaktiviert zu werden. Einer der Höhepunkt des Films ist defnitiv, der komplette Handlungsbogen um HAL. Der Bordcomputer bestätigt der Crew einen Fehler am Schiff. Als diese es überprüfen finden sie keinen Fehler. Plötzlich entsteht eine Situation bei der sich beide Seiten nicht mehr vetrauen, jedoch aufeinander angewiesen sind. Dies Gipfelt schließlich erst in einem, dann in mehreren toten Crew-Mitgliedern. Eine recht ähnliches Motiv finden wir übrigens auch in Alien, was ganz sich ganz explizit bei 2001 bedient hat. Auch mehr als offensichtlich am HAL-Motiv bedient sich das Spiel Portal. HAL schreibt cross-medial seit Jahrzenten Geschichte.
HAL ist filmisch Vorbild aller künstlichen Intelligenzen, die im Laufe der Handlung einen eigenen Charakter erhalten. Im Film ist HAL mehr als nur ein Offsprecher oder die rote Linse im Bild. 2001 ist ein perfektes Beispiel von zeitloser Kunst. Bis heute steht es für unvergessliche Bilder und der vielleicht besten Anwendung klassischer Musik in einem Film, vielleicht mal abgesehen von Ritt der Walküre in Apocalypse Now. Der Film bietet soviel zum Zeigen, dass dieser Eintrag mit Bildmaterial überfrachtet ist und dabei habe ich schon soviel außern vor gelassen. Was vielleicht noch zu erwähnen ist, wäre der Wunsch 2001 in einer Neuauflage digital restauriert nochmal ins Kino zu bringen. Der Film verdient es neuen Generationen von Filmfans angemessen präsentiert zu werden und im Falle von 2001 bedeutet das riesige Leinwand und krachender Ton.
Kubrick’s bestes filmisches Vermächtnis – 2001, A Space Odyssey.
11 Kommentare
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global $hemingway ?>„Auch ohne CGI, auch ohne Blue-Screen oder heutige Standards, hat es 2001 geschafft, eine unvergessene Optik zu kreieren.“
Im Gegenteil zeigt 2001 eigentlich perfekt, wie wenig die heutigen Standards wert sind. CGI-Raumstationen erkennt man heute doch auf 500 Meter gegen den Wind, wohingegen Kubricks Modelle auf eine Weise „echt“ aussehen, die heute schlicht nicht mehr erreicht wird, weil immer gleich zu Computeranimationen gegriffen wird.
„n Kombination mit der epischer Musik Richard Strauss’, schafft es 2001 fast psychodellische Wirkung zu entfachen. „
Strauss‘ „Also sprach Zarathustra“ macht nur den allerkleinsten Teil der im Film verwendeten Musik aus. Und ist alles, aber nicht psychedelisch. Die Stellen, zu der diese Umschreibung passt, sind aus Ligetis „Atmosphères“ und „Requiem“. Am beeindruckensten finde ich persönlich aber immer noch den Tanz der Raumstation zu Johann Strauß‘ Donauwalzer. Dieser Moment ist wirklich ungeschlagen.
Im Gegenteil zeigt 2001 eigentlich perfekt, wie wenig die heutigen Standards wert sind. CGI-Raumstationen erkennt man heute doch auf 500 Meter gegen den Wind, wohingegen Kubricks Modelle auf eine Weise “echt” aussehen, die heute schlicht nicht mehr erreicht wird, weil immer gleich zu Computeranimationen gegriffen wird.
2001 ist hier schon eine Ausnahme, da die Modelle wirklich fehlerlos sind und nicht zu übertrieben inszeniert wurde. Mein Paradebeispiel für Non-CGI Effekte, die wirklich schlecht altern ist Terminator 1 und 2 und zwar die Szenen die in der Zukunft spielen, besonderns im zweiten Teil, wo sie die Eröffnungsequenz mit Rückprojektion kombinieren. Sieht ziemlich abgedroschen aus heute.
Jedoch haben „practical effects“ immer den Vorteil noch greifbarer zu sein. CGI dümpelt schon lange im Uncanny-Valley herum, sieht man auch wieder schick im Trailer zum neuen Hulk. So sehr ich den Film auch mögen möchte, die Figur sieht wieder schrecklich nach CGI aus.
Übrigens: zählt man beim Wort HAL je einen Buchstaben dazu, erhält man IBM. Auch mit diesem productplacement ist der Film wegweisend.
Im Jahr 2001 – wann sonst – war der Film tatsächlich digital restauriert im Kino zu sehen. Leider nur sehr kurz und in zu wenigen.
Hallo, ich muss gestehen, ich verfolge deinen Blog in eher unregelmäßigen Abständen schon seit geraumer Zeit (und ich finde, dieser Satz klingt immer wieder alt). Ich bin schlichtweg immer nur begeistert gewesen – verzeih diese unkonstruktive positive Kritik! 🙂
Auch wenn ich mich bis dato immer dagegen gesträubt habe, Kommentare auf irgendeinem Blog/ in irgendeinem Forum zu hinterlassen, (eigtl. nur aus dem Grunde, diesen Selbstdarstellungszwang/ -trend im Internet nicht zu unterstützen [keine Sorge, Anwesende sind natürlich ausgeschlossen]), konnte ich mich nun diesmal nicht dagegen wehren.
Ohne jetzt gleich meinen Kommentar als ein Ereignis, das der Übergabe der Gebetstafeln an Mose gleichkäme, darzustellen, erschreckten mich doch nun einige Fakten dermaßen, dass ich mir zumindest gegen Feierabend ein paar Sekunden nehmen musste, um diesen vorerst kurzen Eintrag zu hinterlassen. (Okay, okay, durch die tollen verschachtelten Sätze ist er gar nicht mehr so kurz)
Ich ordne einfach mal nach aufsteigender Gewichtung der „Gemeinsamkeiten“.
Fakt 1: Ich bin Filmfan.
Fakt 2: Ich bin MMO-Spieler, der „älteren Stunde“.
Fakt 3: Ich bin sehr am Internet interessiert.
Fakt 4: Ich bin auch im Medienbereich tätig (AV-Kaufmann bei einem TV-Sender)
Fakt 5: Spiele auch WoW auf Gul’Dan, allerdings auf der Allianz-Seite. (Gut, bei dir „nur“ ein Twink)
Fakt 6: Vor BC war ich sehr aktiv im Endgame als Healpriest unterwegs. Mit unserer Casual-Raid-Gruppe (keine eigenständige Gilde), hatten wir in Naxxramas den Spiderwing clear und in den anderen Flügeln mindestens den ersten Boss gelegt. Mit BC zerbrach meine Raid-Gruppe & war seitdem in nichts größerem als Karazhan
Fakt 7: Stanley Kubrick ist mit Abstand einer meiner Lieblingsregisseure.
Fakt 8: 2001 – A Space Odyssey fasziniert mich immer wieder erneut bis aufs Mark und habe ihn erst neulich „wiederentdeckt“.
Fakt 9: Dieser Eintrag zu dem Film wurde einen Tag vor meinem Geburtstag verfasst.
Mit anderen Worten: Ich war einfach nur erstaunt über die nun mittlerweile Hohe Summe der „Gemeinsamkeiten“.
Aber genug geschwafelt, dies soll nun vorerst reichen. Der Kommentar entgleitet mir grad mal wieder zu sehr in die Richtung „Poesie-Album“; es fehlt eigtl. nur noch der Kinderreim am Ende.
Liebe Grüße
Martin
P.S.: „Manche Lehrer, Professoren haben Bohnen in den Ohren und sie reden, was auch sei, stundenlang nur um den Brei. Doch ich wünsch Dir, irgendwann hört auch Dich mal einer an.“
[…] für eine wunderschöne Würdigung von Kubricks Meisterwerk 2001: Odyssee im Weltraum. Posted by incredible-lobster on Donnerstag, […]
Du kennst dich ja mit dem Film bestens aus, deshalb wage ich mich kaum die Frage zu stellen: Wurde er das nicht, nämlich im Jahr 2001? Ich saß jedenfalls im Kino (in einem richtig guten Kino) und habe eine Version gesehen, von der es hieß, sie sei technisch verbessert. Es war großartig.
Unabhägig davon: ein sehr guter Text zum Film!
Wirklich großartig auch deine Seite (auf die ich über Ben gestoßen bin).
Oh, ich habe erst jetzt die Kommentare und insbesonder Thiemos gelesen, der ebenfalls darauf hinwies.
Ja – in ausgewählten Kinos lief bzw. sogar läuft ein restaurierter Print, den ich nie sehen konnte. Dafür waren meine Stammkinos immer zu klein. Ich habe vor 3 Jahren einen uralten Print in einem Spartenkino gesehen – in Mono.
Auf die ideale Vorführung von 2001 warte ich noch 🙂
wow geiler artikel! oddysey 2001 ist einer meiner all-time-favs 🙂
Lieber chrismue, mit der Kino-Mono-Version hast du leider die schlechteste aller Versionen erwischt! (Es gibt noch diverse andere Kinofassungen, eine 35-mm-Fassung, 4-Kanal-Ton und zwei ganz ansehnliche Kopien auf 70 mm.) Die ZDF-Fernsehfassung basierte übrigens auf einer der 70-mm-Fassungen und ist durchaus ansehnlich.
Die restaurierte Fassung in einem ordentlichen Kinosaal im Jahr 2001 war wohl sogar eindrucksvoller als die Urauffürung. Bei den Eingangstakten von „Zarathustra“ vibrierte der ganze Kinosaal. (Was sicher nicht an den alles andere als klapprigen Stühlen lag.)