John Wick: Chapter 2
Irgendwann Anfang der 2000er hat sich Action Kino von mir verabschiedet. Paul Greengrass hat mit den Bourne Filmen einen neuen Stil etabliert, mit dem ich persönlich überhaupt nichts mehr anfangen konnte. Actionszenen wurden zu einer nicht mehr nachvollziehbaren Folge aus Schnitten und Kamerafahrten und gipfeln vermutlich in Liam Neesons Sprung über einen Zaun: 6 Sekunden, 15 Schnitte. Kunst bei Action ist Rhythmus mit Nachvollziehbarkeit zu vereinen. Überdrehtes Chaos, kann jeder. Das Gegenteil nur noch wenige. John Wick ist eine der wenigen. Teil Zwei setzt direkt am Ende des ersten Teils an und die Macher wissen, warum ich wieder im Kino sitze.
Teil Eins hat offenbar polarisiert. Entweder man liebt oder hasst die Formel John WIck, drum ist es schwierig, die Qualität des zweiten Teils auszudrücken. Mal versuchen. Heute ist irgendwie alles sofort ein Franchise. Wick war es im ersten Teil, sobald er das Hotel betrat. Die Formel brilliert in World Building. Es braucht keine Comic- oder Buch-Vorlage. Vorlagen hier sind Europäische und Asiatische Action-Filme der 80er und 90er. Es ist nicht so, dass sich auch der zweite Teil auf seinen brachialen Action-Szenen ausruht, die Action ist nur Farbe auf der Leinwand der fiktionalen Welt seiner Auftragskiller. Auch Teil Zwei fügt in jeder Szene ein neues Teil zum großen Puzzle dieser Welt hinzu. Was zufällig wirkt, ist akribisch ausgearbeitet. Hier ist nichts dem Zufall überlassen. Selbst kleinste Details stimmen. Der Protagonist unterscheidet sich rein visuell in Kleidung von jeder Szene zur nächsten. Der kleine aber feine Unterschied des Rollkragenpullovers fällt auf. Wie gesagt, kein Zufall sondern alles Absicht. So lässt sich zu jedem Bild des Films ein fester Zeitpunkt finden.
Über die Action Szenen muss ich nicht viel schreiben. Wick bleibt seinem Stil treu und vermischt 80er und 90er Action Kino zu etwas Neuem. Zu jeder Sekunde weiß ich als Zuschauer über Geographie der Szenen bescheid und mir wird nicht übel bei erhöhter Anzahl an Schnitten. Weit mehr sogar. Seit Linda Hamilton in Terminator 2 habe ich keinen Schauspieler mehr gesehen, der eine so breite Anzahl an Waffen, so visuell beeindruckend meistert. Spätestens mit diesem Film, verdient sich Keanu Reeves einen Platz zwischen den ganz großen Genregrößen und ich kann mir kaum vorstellen von dieser Actionformel demnächst genug zu haben.
Ein paar Details. Franco fucking Nero spielt hier mit und hat im Gegenteil zu anderen modernen westlichen Filmen mehr als ein Alibi Cameo. Er bekommt nichts anderes, als den lustigsten Satz des Films. Bisher kannte ich Common nur als tollen Musiker. Stellt sich heraus, hier ist er die mit Abstand interessanteste neue Figur im Wick Universum und teilt sich mit dem Protagonisten die für mich intensivsten Action-Szenen des Films. John Woo trifft auf John Carpenter und John Frankenheimer. Soviel Zitat in einem Film der John Wick heißt, kann einfach kein Zufall sein. Die Absolute Superlative in meinen Augen.
Leider ist auch hier nicht alles perfekt. CGI Blut hin oder her. Die Itensivität echter praktischer Splatter-Effekte, wird der Trickeffekt aus dem Rechner niemals haben. Hinzu kommt, dass der Anfang des Films etwas „unlogisch“ ist, für einen Film der zu jeder Viertelstunde seine interne Logik betont. Viel schlimmer? Viel zu wenig Szenen mit Hund. Skandal!
John Wick: Chapter 2 lässt mich wieder an das Action-Kino im kleinen Rahmen glauben. Es muss nicht immer um das Schicksal der Menschheit gehen und zwei die Treppe herunterfallende echte Menschen, sind hundertmal eindrucksvoller, als alle Computer generierten Bilder der Welt. Action Kino so rein, so intensiv und so unterhaltsam, ist eine Rarität geworden und bis zum unausweichlichen dritten John Wick werden jetzt die Tage gezählt. Beide Daumen nach oben. Viel unterhaltsamer und ehrlicher, kann Action Kino für mich nicht sein.
1 Kommentar
Für diesen Eintrag wurden die Kommentare geschlossen.
global $hemingway ?>[…] Konkurrenz für Dark Fate einfach zu groß. Meine aktuelle Referenz für das Genre sind Fury Road, John Wick und Filme wie The Raid oder The Night comes for Us. Action pur aus dem Computer hat ihre Wirkung […]