
Feines für die Ohren
Marsha Ambrosius – Casablanco
Bei meiner kurzen Recherche zu Missionary fand ich einen Video-Schnipsel, in welchem der Produzent ein zuvor kreiertes Marsha Ambrosius Album erwähnte. Der Name sagte mir was, als Gast-Sängerin diverser Hooks und anderer Stückchen des Labels Interscope. Hier ist nun also ein vollständig von Dr. Dre produziertes Album der Künstlerin, welches völlig an mir vorbeiging. Wie gut kann es also schon sein?

Was zur Hölle ist hier passiert? In welch furchtbarem Status ist die Musik-Industrie, wenn solch ein Album völlig untergeht, während die 1000ste Raggaeton-Kopie, die Chartspitzen global erklimmt? Casablanco ist großartig und klingt noch besser. Dies ist ein Album für alle, die einfach nur mal gut klingende Musik und Gesang hören wollen. Natürlich ist hier ein Fokus auf R&B, Hip-Hop, Jazz zu finden, verpackt als Hybrid aus Illmatic-Tribut und Bond Soundtrack. Lieder haben antike Strukturen, mit separierten Intros, Bridges, Beat-Wechseln und teils echten Outros, als Äquivalent eines 10-Gang-Menüs im Stern-Lokal um die Ecke. Musik dieser „alten“ Schule ist sicherlich nicht so barrierefrei, aber das Bauen des eigenen Zugangs dazu trennt eben heute leider irgendwie gute von der wirklich tollen Musik.

Was man dem Album vorwerfen kann, wenn man ein zynischer Kritiker sein möchte: dem Album fehlen fast schon leichte Songs, besonders was die Produktion betrifft. Wirklich jeder Titel trägt das Gewicht der Welt auf den Schultern. Gänsehaut-Musik ohne Pause, mit purem Fokus auf die Zielgruppe und völliger Ignoranz moderner Zuhörer. Fast jedes Lied ist vollgestopft mit Schnipseln und Referenzen zur Musik vergangener Jahrzehnte.

Casablanco ist sofort Teil meiner Playlisten geworden. Viel besser kann Musik für meine Ohren nicht klingen, auch wenn es ein Album ist, was ganz klar für meine Generation kreiert ist und sicherlich weniger neues Publikum finden wird. Ich würde fast so weit gehen und schreiben, dass wir hier das best-klingende Dr. Dre Album aller Zeiten hören. Casablanco ist klang technisch ein Referenz-Album.
Was für Musik, was für eine Stimme. Beide Daumen hoch.
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