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Film des Tages – Anna Karenina (2012)

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Die aktuelle Anna Karenina Verfilmung ist ein beeindruckender Film. Das mindestens. Und es fällt schwer, zu beschreiben, warum eigentlich. Die Geschichte ist es schon mal nicht, das kann ich ganz klar sagen. Ich hab das Buch nicht gelesen, dachte im Film aber mehrmals, dass ich das vielleicht besser hätte machen sollen, bevor ich mir den Film angeschaut habe. War aber zu spät dann auch. Anna Karenina ließt man ja auch nicht eben so nebenbei. Ich hatte im Film wiederkehrend den Eindruck, dass der Film mit etwas erzählen will, für das Tolstoi eine Sprache gefunden hat, dass in den Figuren mehr passiert, als ein Dialog oder ein Film erzählen kann. Immerhin: Der Film hat mir diese Ahnung eines fehlenden Mehrs vermittelt. Das muss man auch erstmal hinbekommen.

Die Schauspieler sind auch kaum das Beindruckende am Film. Zum einen sehen sie alle schrecklich britisch-amerikanisch aus. Kein Gesicht geht wirklich als russisch durch. Ich kenne persönlich zwar nicht soviel Russen, aber Kiera Knightley, Jude Law, nicht einmal Domhnall Gleeson (Sohn von keinem geringeren als Brendan Gleeson!), den noch am russischten zurecht gemacht ist. Auch können die Hauptfiguren schauspielerisch kaum Überzeugen. Keira Knightly spielt die gleiche Rolle, wie immer, Aaron Taylor-Johnson beschränkt sich darauf, in Uniform gut auszusehen und einzig Jude Law, weiß in der Rolle des gealterten Rationalisten und Ministern zu erfreuen.

Nein, das wirklich beeindruckende an dem Film ist die Art seiner Inszenierung. Das geht schon mit der allerersten Einstellung los.

Wir sehen, während wir im Kinosaal sitzen, einen Theatersaal, in dem ein Vorhang hängt, auf den Vorhang aufgemalt ist. Weil das Kino zweidimensional ist, zweifelt man zunächst einen Moment, oder der Vorhang aufgemalt ist, oder nicht. Dann hebt er sich und es ist klar, dass er nur aufgemalt sein kann, denn die seltsam verspielten Falten behalten präzise ihre Form.

Dann passiert etwas auf der Bühne und die Kamera bewegt sich durch den Bühnenraum, hinauf auf die Bühne umkreist die Figuren, führt uns hinter die Kulissen, während die Figuren irgendetwas machen, dann wieder auf die Bühne, dann ist hinter der Bühneplötzlich eine Straße mit einer Kutsche und es schneit, dort, wo keine Straße und keine Kutsche sein dürfte und es auch nicht schneien sollte. Noch immer bewegt und dreht sich die Kamera und wir wissen nicht, ob wir eine Theateraufführung im Film sehen, ober das eine Art Overtüre sein soll, oder ob das schon „der richtige Film“, ob das „die richtige Geschichte“ ist. Es ist der richtige Film. Noch immer ohne Schnitt. Und es ist die richtige Geschichte, ob schon, die steten, praktisch unmöglichen Umbauten und surealen Szenen etwas weniger schnell wechseln und etwas weniger surreal werden. Im Grunde aber bleibt der Film so, auch wenn er zu etwas konventionelleren Bildern findet. Der Theaterraum wird noch etliche Male auftauchen, ebenso wie der Raum über dem Theater. Die Szene, die Bühnenbilder sind teilweise wie nur halb richtig gemacht, wie provisorisch in ein echtes Theater hineingebastelt. Die Schnitte immer wieder unmöglich, fantastisch und – ich sags nochmal – surreal.

Wenn die Geschichte nicht so seltsam unzeitgemäß wäre, wäre ich geneigt begeistert zu sein. So bleibt ein durchaucs beeindruckender Abend mit einem Film, den ich so schnell kein zweites Mal sehen muss, den ich aber als Meilenstein gewillt bin zu bezeichnen, weil ich hoffe, dass sich andere Regisseure an ihm ein Beispiel nehmen werden.

Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Ben_.

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1 Kommentar

Für diesen Eintrag wurden die Kommentare geschlossen.

Webmaster
  • #1
  • Mo, 10. Dezember 2012
  • Christian schrieb:

Respekt. Ich habe echt ein Problem mit solchen klassischen Schinken. Selbst wenn sie grandios inszeniert sind. Ich würde so gern endlich auch ein Barry Lyndon genießen können, aber irgendwie fühl ich mich dann immer wie wie 14 Jahre alt, im Theater während einer Schulaufführung sitzend.

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