Zeit als Werkzeug
Ja es ist wieder mal soweit. Eigentlich war mein Vorsatz für 2012, einfach mal wieder Medien ohne die analytische Brille zu konsumieren. Damit war es schon am zweiten Januar vorbei und so folgen wieder folgende Notizen. Ich tue mich noch schwerer damit, längeres Dramatisches zu schauen. Selbst bei Filmen wird die Aufmerksamkeitsspanne geringer. Auf der anderen Seite fällt mir jetzt erst auf, wie effektiv und einfach Zeit als gestalterisches, dramatisches Werkzeug funktioniert.
Zeit ist eine Ressource. Zeit ist verbrauchte Energie und Zeit ist emotionale Bindung. Je mehr Zeit man in eine Sache investiert umso intensiver wird die Emotion. Einfaches Beispiel. Viele von uns verbringen eine lange Zeit in der Schule, soviel, dass eigentlich jeder damit eine ganz klare Emotion verbindet. Entweder man sehnt sich zurück oder ist froh drüber, kein Schüler mehr zu sein. Fakt ist, Zeit ist auch hier Nährboden für eine ausgeprägte Emotion.
Bei Fiktion kann man solche Mechanismen ausnutzen. In Filmen ist es schwieriger, da das Format zeitlich sehr begrenzt ist. Emotionen, Bindung muss in Lichtgeschwingidkeit erzeugt werden. Es ist eine Kunst, in geringer Zeit virtuelle Bindung zu erschaffen. Aus dem Grund sehen wir mehr und mehr TV-Dramen in Serienform. Autoren brauchen mehr Zeit um die emotionalen Schläge besser vorzubereiten.
Medien mit größeren Zeitfenstern haben es einfacher und erstaunlicherweise bieten Videospiele hier die perfekte Plattform. Wäre da Medium endlich über seine pubertäre Phase hinaus, gäbe es hier die wahrscheinlich intensivsten Geschichten zu erzählen. Das Spiel als Erzählmedium hat den unglaublichen Luxus von Zeit, auch wenn dieser merklich schmilzt, weil die durchschnittliche Spieldauer sinkt.
Jetzt kommt das Musterbeispiel und es tut mir Leid wenn es eigentlich schon ein Videospiel Klisché geworden ist, aber selbst heute noch existiert kein besseres Beispiel als jener Moment in Final Fantasy 7. Dies war einer der ersten und letzten wirklich genialen Ideen. Das Spiel lässt einen viele Stunden in einen Charakter investieren, um diesen dann abrupt sterben zu lassen. Ja, das ist einfach, aber es ist genauso unvorhersehbar und unglaublich effektiv. Erstaunlich, dass so wenige die Idee kopiert haben. Ich vermute die moderne Herangehensweise mit non-linearen Geschichten nimmt hier zu viele Möglichkeiten aus dem Spiel.
Zwei Dinge sind der Schlüssel zum Erfolg. Investierte Zeit und so erschaffener Wert der Figur. Ähnliches sieht man meist in Sitcoms, die viele Jahre laufen, aber deren Genre leider wirklich Dramatisches verbietet. Schade eigentlich.
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