
Die hässliche Fratze der Transparenz
Ich möchte auch noch kurz was zum Thema PRISM notieren. Weder bin ich überrascht, noch entsetzt sondern viel mehr in meiner Vorstellung bestätigt. Ich denke die Empörung vieler Kommentare dreht sich nicht um die Tatsache das sondern um das es überhaupt. Die Vorstellung, dass die achso perfekte Schöpfung Mensch in einer modernen Industriegesellschaft, kein mysteriöses, komplexes Individuum ist, sondern nur ein Muster an Daten in einer Datenbank, stellt die Weltansicht vieler offensichtlich auf den Kopf.
Unsere Technologie ist fortgeschritten genug, um alles was sich die Population bisher als letzten Mythos gepflegt hat, in seine nackten, realen Einzelteile zu zerlegen. Es geht weit darüber hinaus, dass Datenmuster ein Individuum aufschlüsseln. Es geht auch um Kunst und Kultur. Software analysiert Drehbücher. Gute Filme entstehen nach mathematischer Vorlage. Mich erschreckt eigentlich nur die Vorstellung, dass Schöpfung jeglicher Art am Ende eben nur das Anlegen eines guten Datenmusters ist.
Was Personen bezogene Daten betrifft, ist es ein Henne-Ei-Problem. Ein Google funktioniert nur von freiwillig Daten spendenden Nutzern, die wiederrum nur kommen, wenn der Service nichts kostet. Ich finde es schade, dass die Diskussion derzeit nur auf der rechtlichen Frage stattfindet, denn selbst wenn das Gesetzt radikal regulieren sollte, das Datenkind ist lange in den Brunnen gefallen. Wir werden künftige und populäre Personen, bis in die hässlichen Details analysieren können. Die Datenbank raubt der Realität ihre letzten Mythen. Ich kann gerne darauf verzichten mir Bilder der Saufgelage künftiger Kanzler und Kanzlerinnen anzuschauen. Es ist schon ironisch, wie das kühle Analysieren von Datenmustern, künstliche Bilder von realen Personen runterreißen kann.
Ich für meinen Teil finde es spannend und beängstigend zu gleich. Nein, nicht dass ein NSA Algorithmus meine Amazon-Bestellungen aufzeichnet, sondern wie eine Gesellschafft auf den Effekt so endloser Transparenz reagiert. Ich bin überzeugt, dass dies nicht zu regulieren ist. Vielleicht noch im größten Rahmen, aber nicht im kleinsten und selbst dort kann man als normaler Bürger schon heute die Folgen sehen, eben dass Kultur an Variation zu verlieren scheint.
3 Kommentare
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global $hemingway ?>Danke für den Tip überigens. Wenig Dinge machen mich ja mehr als als narratologische Strukturalismus. Save the Cat gestern schon als Urlaubslekütre gekauft. :]
P.S.: Save the Cat ist heute angekommen und ich hab auch schon reingelesen. Den grundsätlzichen Ansatz finde ich ja aus Narratologischer Sicht schon sehr spannend. Das Selbstbewußtsein mit dem Blake Snyder schreibt ist allerdings wirklich exakt so ekelig wie die aktuellen Hollywood-Filme. Wirklich. Er schreibt, als wäre er ein Dialog in Iron Man 3.
Krank.
Ich selbst habe es noch nicht gelesen. Ich weiß auch nicht, ob ich es tun sollte, besonders nicht nach solchen tollen Kritiken 😉