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Habe neulich mal wieder ältere Fotos angesehen, auf denen auch ich zu sehen war. Da wurden so mehr als zehn Jahre in Bildern abgefertigt und mir viel ein winziges Detail auf: ich habe immer etwas auf dem Kopf. Ich bin unbewusst irgendwann zum Mensch der Gattung Hut geworden. Es gibts zwei Arten von Menschen, die einen können einen Hut tragen und bei den anderen sieht es immer seltsam aus. Glücklicherweise gehöre ich zu den Ersten.
Ich bin mir unsicher woher diese Affinität für Kopfbedeckungen kommt. Mein Großvater mütterlicherseits ist noch heute konsequenter Hutträger, war für mich in früher Jugend schon prägend war und noch immer ist. Der Schlüsselmoment war aber ein paar Jahre später, die guten alten 90er. Irgendwann spülte eine Welle mit einem Schwung dutzende US-Trends zu uns, darunter auch diverse amerikanische Sportarten. Man musste sich nur entscheiden welcher Clique man angehören wollte: Football, Basketball, Hokey oder Baseball. Passend dazu bot der Markt Merchandise an und es gehörte dazu, dass man „seine“ Mannschaft als Schirmütze oder neudeutsch Basecap mehr oder weniger stolz öffentlich präsentierte. Geboren war mein Faible für die Kopfbekleidung. Ein paar Jahre später als der deutsche Sprechgesang das kommerzielle Licht der Welt erblickte, diente die Mütze auch hier als klare Aussage, die viel zu große Hosen, Sneaker ohne Schnürsenkel und Hoodie komplettierte. Plötzlich war man Hip-Hop.
Ein Hut dient oft als Versteck für den schwindenden Haaransatz oder die nicht vorhandene modische Frisur. Zweites lässt sich hin und wieder auch bei mir nicht leugnen. Mittlerweile merke ich spätestes beim Schließen der Haustür ab und zu oben ohne zu sein, mit anschließender panischen Suche nach der passenden Kopfbedeckung. Im Laufe der Jahre ist es dann aber doch eine sehr übersichtliche Sammlung zusammen gekommen. Weggeschmissen hab ich noch keinen, auch weil an einigen verdammt viele Erinnerungen hängen.
Leider ist die Kopfbedeckung in den letzten zehn Jahren zum trendigen Accessoire diverser Hippster geworden. Was früher Vokuhila ist heute möglichst künstlich und schnell abgewetzter Truckker-Hat, der selbst die flachste Oberfläche „Bad to the Bone“ machen soll. Schrecklich auch jene Gattung, die den Slogan auf dem Kopf nicht mal richtig aussprechen kann, oder jenes Exemplar, dass den Schirm so tief gezogen hat, um beim Geradeausschauen schwere Nackenschäden riskieren zu müssen. Gott verdammt ist es Zeit der gewohnten Kopfbekleidung Leb wohl zu sagen? Oben ohne? Noch immer unvorstellbar.
4 Kommentare
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interessanter weise kenne ich dich bis jetzt nur oben ohne – nämlich durch das einzige portrait-foto, das du hier im blog neben deiner about-beschreibung stehen hattest 🙂
Deswegen gab und gibts hier nur oben ohne Pics 😉
Das freut mich, dass Du dazu stehst. Ich hab früher in Schulzeiten „richtig“ Hüte getragen. Stetson halt, das dann aber flux drangegeben. Und eine Frankfurt Galaxy Cap hatte ich. Eine Weile, während des Studiums habe ich noch eine Schiebermütze, wie die Jungs von Fettes Brot. Spätestens aber, als ich einem Buch las, indem eine Großmutter ihre Enkelin vor Männern warnte, die „Baseballmützen oder andere Insignien der Jugend“ tragen, weil sie keine Männer sein wollen, sondern lieber Jungs, hab ich das dann drangegeben. Unvernünftig. Aber da kann man nichts gegen machen, wenn man sowas erstmal im Kopf hat, geht das nicht wieder raus.
Was mich aber noch interessieren würde: Befinden sich in Deiner Sammlung auch Hüte, die keine Baseballcaps sind?
Ja klar, aber alles hat einen mehr oder weniger großen Schirm, oder irgendwas Überhaängendes, das eine Funktion suggerieren soll 😉 Der Schritt zur neuen Gattung Hut ist nicht mehr weit, aber ich hab dann immer plötzlich das Bild einer Hutablage irgendeines Opel Vectra Fahrers im Sinn und so alt bin ich dann noch nicht.