Taxi Driver
Taxi Driver erzählt die Geschichte von Travis Bickle (Robert De Niro). Frisch aus der Armee entlassen quälen ihn Schlafstörungen. Die Nächte verbringt Travis als Taxifahrer im New York der 70er Jahre, die Vormittage dagegen in Pornokinos. Schon nach den ersten Szenen wird klar, dass Travis nicht der durchschnittliche Taxifahrer sein kann.
„She appeared like an angel out of this open sewer. Out of this filthy mass. She is alone: They can not touch her.“
Im Laufe des Film trifft er auf Betsy (Cybill Shepherd), einer Wahlhelferin des stattfindenen Wahlkampfes zum Bürgermeister. Die Einführung des Betsy Charakters ist eine der wundervollsten, die ich kenne. Travis fühlt sich von Betsy angezogen, schafft es aber nicht eine normale Beziehung aufzubauen. Die Niederlage bei Betsy wirft Travis in ein Loch, aus dem er für den Rest des Films wieder entkommen muss. Er trifft auf Iris (Jodie Foster) eine minderjährige Prostituierte. Er nimmt sich ihrem Schicksal an und befreit sie aus der Gewalt ihres Zuhälters, dargestellt durch Harvey Keitel. Er verschafft Iris das bessere Leben, was er sich selbst nicht zu schaffen weiß.
„Loneliness has followed me all my life. The life of loneliness pursues me wherever I go: in bars, cars, coffee shops, theaters, stores, sidewalks. There is no escape.“
Kern des Films ist die Travis Figur. Ein Charakter der von seiner Einsamkeit gequält wird und dessen Umgebung ihm den mentalen Todesstoß versetzt. In der hektischen Großstadt New York, sieht Travis als Taxi Fahrer den schlimmsten Abschaum und die tiefsten Abgründe des Gorßstadtlebens. Der Ruhepol den diese Figur bräuchte, um all die schlechten Eindrücke zu bewältigen fehlt und so ist Travis nicht zu helfen. Er übertritt die Grenze des normalen einsamen Depressiven und wird so ironischerweise kurzzeitig zum Helden. Taxi Driver ist eigentlich eine ganz klassiche Heldengeschichte, nur dass unser Held eben völlig aus sich allein gestellt klar kommen muss und keine Belohnung erhält.
Die Betsy-Geschichte ist ein kleiner Aufstieg des Charakters. Der anschließende selbstverusachte Fall zeigt, wie disfunktional die Figur ist und genau das ist die Ausgangssituation, für den anschließenden Iris-Teil der Geschichte. Als Betsy am Ende des Films in Travis‘ Taxi sitzt und Travis nun als heldenhaften Kerl aus den Medien kennt, zaubert dies ein Lächeln auf beide Gesichter. Der Film endet anschließend mit einem ruckhaften Blick von Travis in den Rückspiegel und lässt dem Zuschauer offen, ein endgültiges Urteil über Travis zu fällen. Held oder Psycho?
In Taxi Driver sehen wir das vielleicht beste filmische Bild von Einsamkeit. Travis ist auch dann allein, wenn er Leute um sich hat. Die besten Szenen des Films sind dann auch die dialogfreien Szenen in denen sich Travis immer stärker isoliert.
Als ich den Film nach langer Zeit mal wieder für die Bilder des Eintrag durchgesehen habe, fielen mir Szenen auf, die vollkommen in Vergessenheit geraten, aber für die Entwicklung des Charakters ungemein wichtig sind. Bei AICN gab es vor einiger Zeit mal ein Beitrag zum Thema die amerikanischsten Filme. Taxi Driver wurde mehr als einmal genannt und auch ich sehe dies so. Zwar ist die Geschichte des Films absolut universal – im deutschen TV gab es neulich eine deutsche Variante namens Schussangst – aber die kleinen feinen Details schreien einem die amerikanische Kultur entgegen: sei es der stets präsente Rassismus des Charakters oder der auffällig Fokus auf den Umgang mit Waffen. Taxi Driver ist auch ein Stück amerikanische Filmgeschichte.
Optik
Optisch ist der Film auch heute noch zeitgemäß, sofern man dem Look dieser alten Schinken nicht völlig abgetan ist. Der Irokesen-Schnitt samt Sonnebrille und breitem Grinsen ist Synonym für eine Lebenseinstellung geworden. Taxi Driver ist kein neumodischer MTV-like Schnittmarathon. Dieser Film ist langsam in jeder Beziehung und im besten Sinne des Wortes. De Niro funktioniert auch so gut, da er als Person optisch unauffällig ist.
Die visuell anspruchsvollste Szene des Films zeigt ein Telefonat von Travis mit Betsy. Zu diesem Zeitpunkt hat Travis seine Chance bei Betsy vertan und der Zuschauer weiß, dass Travis‘ Anruf aussichtlos ist. Die Kamera zeigt zu Beginn der Szene auf Travis, um dann im Verlauf des Telefonats wegzudrehen, um dem Zuschauer die Emotionen der Figur zu ersparen. Getreu dem Motto: dieser Kerl ist schon am Boden, da muss man nicht mehr weiter drauf einschlagen. Definitiv eine der besten Szenen alle Scorcese-Filme.
Visuell ganz schlecht gealtert ist die einzige Action-Szene des Films. Als Travis Iris befreien möchte und dabei mehr als eine Person verletzt, kommen ein paar wirklich schlecht gemachte Splatter-/Gore-FX zum Einsatz. Vieles davon sieht heute eher lustig aus, als erschreckend aus.
Darsteller
Die schauspielerischen Leistungen sind makellos. De Niro’s Travis ist zu einer Ikone der Filmgeschichte geworden und jeder noch so schlechte Laiendarsteller wird den Spiegelmonolog dieses Films auswendig kennen: „Are you talkin? to me? Are you talking to me? Now who the fuck do you think you’re talkin? to?“ Dieser Monolog steht nicht im Skript, sondern ist improvisiert. Ja, so gut war De Niro mal.
„Sometimes it gets so I just don’t know what I’m gonna do. I get some real crazy ideas, you know? Just go out and do somethin.“
Er reißt hier jede Szene an sich, einzig die späten Dialoge mit Jodie Foster’s Iris Charakter nehmen ihm etwas Wind aus den Segeln. Schon in so jungen Jahren ist Foster’s Darstellung absolut überzeugend. Taxi Driver ist einer dieser Filme, die man mit dem englischen Originalton hören muss, die echten Stimmen tragen viel zu den Charakteren bei.
Taxi Club
Taxi Driver ist sicherlich eine vieler Vorlagen von Fight Club. Ich erwähne Fight Club, weil es eine ähnliche Grundthematik besitzt und auch als Film wunderbar funktioniert, obwohl das Buch als unverfilmbar galt. Beide Filme zentrieren eine ähnliche Figur – Travis ist leider nicht verrückt genug um sich seinen Tyler Durden zu erschaffen – die weder Held noch Bösewicht ist und die als sehr guter Off-Sprecher funktioniert. Beide Figuren haben quasi keine Hintergrundgeschichte.
Wo Fight Club allerdings am Ende das übliche Hollywood-Happy-End bekommen hat, ist Taxi Driver deutlich düsterer. Wem Taxi Driver gefällt, der wird also auch seine Freude an Fight Club oder The Machinist haben. Letzterer allerdings geht einen Tick mehr Richtung Surealismus, ist aber dennoch in einem Atemzug mit den zwei Klassikern zu nennen.
Taxi Driver wird auch die nächsten 30 Jahre nichts von seiner Qualität einbüßen, da wir hier eine der besten Figuren und eine der besten Darstellungen miteinander verknüpft sehen. Die wirkliche Welt ist voller Travis Bickle, nur die wenigstens vollziehen den letzten Schritt zur wahren Kopie dieser Filmfigur.
Travis umhüllt bis heute ein Kult. Es gibt sogar schon Kleidungsstücke – genauer gesagt die Jacke der Figur – die den Modellnamen Taxi Driver tragen. Es gibt unzählige illustre Künstlergestalten, deren Namen oder Geschichte auf diesen Film zurückgeht.
Es ist eine Schande, dass in der heutigen Zeit Filme solchen Formats keine Chance mehr haben. Der moderne Film steckt voller A-Plots, B-Plots und C-Plots, alle mit dutzenden Charakteren, die alle eindimensional daher kommen und denen keine Chance gegeben wird, sich zu entwickeln. Taxi Driver ist ein lange ausgestorbener Dinosaurier von einem Film, ein mehr als 90 Minuten langer unterhaltsamer Monolog.
4 Kommentare
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global $hemingway ?>Hi,also sorry, aber „geekig“ ist an dem Film nun wirklich nix – hab ihn auch gesehen und war halt n Film wie jeder andere, nur das das Thema nicht allzu häufig durchgekaut wird 😛
Travis führt im Film sauber Tagebuch und wäre heute sicher ein unterhaltsamer Blogger! …naja wird Zeit der Kategorie das Geek im Titel zu rauben.
Trotzdem interessanter Film 😉 aber natürlich nicht ganz ohne – gewalttechnisch. Ich mag Jodie Foster, gute Schauspielerin meiner Meinung nach und der gute De Niro natürlich auch – allerdings ist er in humorvollen Rollen auch sehr gut – ich sag nur: Reine Nervensache *g
Um das „Geek“ mal wieder ins Spiel zu bringen. B&A zitieren gerade Taxidriver