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Seit heute also läuft der Inglourirous Basterds PR-Zug auf vollen Touren. Was die Kampagne dabei aber überzieht, ist die Tatsache, dass der Film nicht ist, was die Werbung verspricht. Basterds sollte Tarantinos Opus sein. Ein Film, der seit praktisch weit mehr als zehn Jahren in Entwicklung ist und Anfangs als simples Konzept vorgestellt wurde: Das dreckige Dutzend mit Action-Legenden der 80er. Was also liegt näher jene Vorlage zu bejubeln, die Basterds eigentlich mal hätte werden sollen.
Das dreckige Dutzend hält was es verspricht. Die Handlung könnte nicht einfacher sein. Ein Major der Alliierten bekommt 1944 einen geheimen Auftrag zugewiesen. Er soll ein Schloss voll mit hochrangigen Nazis infiltrieren und so viele wie möglich töten. Als Handlanger soll er dafür zwölf Schwerstkrimminelle und zum Tode Verurteilte ausbilden. Wer dem Plan zustimmt entkommt dem Todesurteil. Das war’s. Komplexer ist der Film nicht.
Wieso Das dreckige Dutzend noch heute grandios ist, liegt einzig und allein an den Darstellern, die den Film selbst bei langsamen Abschnitten nie langweilig werden lassen: Lee Marvin, Ernest Borgnine, Charles Bronson, Jim Brown, John Cassavetes, George Kennedy, Telly Savalas, Donald Sutherland. Schon einer allein kann hiervon einen Film tragen. Zusammen ergibt es eine Kombination, die man bis heute nicht übertreffen kann.
Die Dynamik der Figuren ist zar vorhersehbar, aber trotzdem unterhaltsman. Fast jeder bekommt seinen Moment des Glanzes. Anfangs traut keiner dem anderen, es bilden sich Grüppchen, Konflikte werden kreiert und gelöst. Beim Finale blitzen viele unterdrückte Persönlichkeiten wieder auf. Es ist schwer einen Favoriten zu finden. John Cassavetes Franko bebt aber von der ersten bis zur letzten Sekunde. Highlight des Films für mich, sind die kurze Szenen, als die Einheit das Schloss infiltriert. So schnell sieht man einen deutsch sprechenden, Nazi-Uniform tragenden Charles Bronson nicht mehr. Immer wieder fesselnd.
Die Gewalt im Film, war einmal legendär. Verglichen mit heutigen Standards ist der Film dann doch eher zahnlos geworden. Gibt’s was zu kritisieren? Die Zielgruppe für diesen Film dürfte mikroskopisch sein. Es gibt nicht eine Frauenrolle im Film. Dies ist kein Film für Zuschauer des weiblichen Geschlechts. Man sieht meist nur alte, dreckige, fluchende Kerle, die sich gegenseitig Schmerzen zufügen. Wer also von Tarantino’s Basterds einen Actionreißer erwartet, der ist beim dreckigen Dutzend besser aufgehoben. Mehr Klassiker geht nicht.
3 Kommentare
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Also als mikroskopisch würde ich die Zielgruppe für den Film nun nicht bezeichnen. Mein Vater und mein Stiefvater würden den Film mit ziemlicher Sicherheit als einen ihrer Liebsten bezeichnen.
Was mir jetzt zum ersten Mal auffällt. Daniel Craig scheint mir viel von seinem James Bond bei Charles Bronson abgeschaut zu haben.
Sehr schöner Beitrag.
Ich hatte das große Vergnügen, das Dreckige Dutzend letztes Jahr im Kino auf einer 17m breiten Leinwand zu erleben (zusammen mit bescheidenen ca. 10 Zuschauern in der Spätvorstellung). Umwerfend!
Als ich die Basterds gesehen habe, dachte ich die ganze Zeit, dass Brad Pitt ein jämmerlicher Ersatz für Lee Marvin ist.
Vom Kaliber Lee Marvin findet man heute leider kaum neue Darsteller. Das Thema veränderter Rollenbilder, ist hier schon ein paar mal erwähnt wurden. Jede Zeit hat halt ihr Rollenbild, aber zugebeben so unantastbar wie Lee Marvin findet man sie selten.