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Je fortgeschrittener das Medium Videospiel wird, umso mehr ändern sich seine Strukturen. Auch vor der Zielgruppe macht dies nicht halt. 2009 finden wir eine Gemeinschaft von Spielern, die so vernetzt und damit so wertvoll wie nie zuvor ist. Gaming Communities sind zu einer eigenen Plattform geworden, völlig losgelöst vom eigentlichen Spiel. Genau darin begründet sich auch ihr Wert. Als diese Woche eine neues iPhone angekündigt wurde, dürfte eine gesamte Entwicklergemeinde aufgeschrieen haben. iPhone 3.0 fragmentiert die Zielgruppe (und Spiele sind nun mal die umsatzstärksten Applikationen dort). Die gleiche Gefahr besteht bei populären Onlinespielen, weshalb es auch weniger sinnvoll ist, für sehr populäre Onlinespiele eine Fortsetzung zu veröffentlichen. Online ist ein Selbstläufer, der durch ein Sequel behindert wird. Dieses Jahr werden wir mit Modern Warfare 2 eines dieser Experimente sehen. Ob MD2 so von der Community aufgenommen wird, wie das noch immer unglaublich viel gespielte MD1, wird die Zeit zeigen.
Spieler werden voneinander getrennt und diese ganz wichtigen Vernetzungen brechen auf. Ein weiteres aktuelles Beispiel dafür ist, das von mir schon separat erwähnte Left 4 Dead 2. Was hier passiert ist umso schädigender, weil Valve’s Produkte zu 100% von der Gemeinschaft der Spieler leben. Vergrault man die Fans wie im Falle von L4D, bieten die Produkte selbst nichts mehr. Gemeinschaften sind es, die in Zukunft über den langfristigen Erfolg und somit den Umsatz eines Spieles entscheiden werden. Grafik und Gameplay lässt sich verbessern. Spieler dagegen sind ein fixes Element, das binden oder verschrecken kann. Egal wie toll das Produkt sein mag, wenn ich im Voice-Chat vom 14-Jährigen F-Bombs in den Raum geworfen werden, bin ich weg. Solche Ereignisse kann man sich sehr wohl als Produkt vom Hals halten. Im generischen Space Marine Shooter, treten solche Ereignisse öfter auf, als im eher nüchternem Taktik-Spiel.
Wie effizient die Gemeinschaft für ein Produkt arbeiten kann, zeigte World of Warcraft schon vor seinem Release. Ein Schlüssel für den Erfolg, war den Kern der westlichen MMO-Community auf die eigene Seite zu ziehen. Dafür bediente man sich der Websites bekannter Gilden, anderer Spiele. Innerhalb weniger Tage durfte man überall über dieses neue MMO lesen. Hier ein Screenshot, dort eine detailierte Beschreibung. Kostenlose, höchste effektive Abwerbung einer kompletten fest eingeschworenen Gemeinschaft. Der Rest ist Videospiel-Geschichte. Eine kleine Gruppe Spieler, wirkte hier größere Wunder als jede noch so teure PR-Kampagne.
Gemeinschaften funktionieren auch produktübergreifend, wenn auch mehr eine Domäne der PC-Spieler. Man kauft blind, was Studio-X produziert. Der Traumkunde schlechthin und deshalb so verdammt wertvoll. Wie wertvoll solche Communities langfristig sein können, zeigt die Geschichte von Valve Software. Hier haben wir ein Beispiel für einen Erfolg, der primär durch den Enthusiasmus der Fans möglich geworden ist. Bekannteste und erfolgreichste Produkte des Studios wurden von der Gemeinschaft entwickelt und finden sich heute als Idee in jedem großen Release populärer First Person Shooter. Kein Designer war hier am Werk, sondern Fans, Spieler, ambitionierte Amateure.
Einzelne Produkte werden in Zukunft weniger Bedeutung bekommen. Wichtig ist nicht, was du verkaufst, sondern an wen. Zweifellos wird man hier noch viel Pionierarbeit leisten müssen. Der Job des Community Managers ist noch brandneu und wird meist nur wenig ernst genommen. Kommunikation ist sensibler als wie scharf die Texturen im Spiel dargestellt werden. Pflegt die Gemeinschaft. Schätzt sie und nehmt sie ernst und versucht 2009 kein O mehr für ein A zu verkaufen.
9 Kommentare
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Christian … ich weiß gar nicht mehr, was ich noch machen soll. Ich kann hier ja nicht unter jeden Artikel immer wieder eine Lobhudelei schreiben. Das wird ja im Zweifel nicht nur langweilig sondern geradezu unglaubwürdig.
Das spannende an diesem Artikel: Seine abstrakte Relevanz. Mein engster Kollege außerhalb der Technik bei Zeit Online ist unser Community Redakteur. Ich hab in den Jahren unglaublich viel von ihm gelernt. V.a. aber, genau das, was Du auch sagst … Community Management steht erst am Anfang. Obschon man eigentlich sovieles schon wissen könnte. Das Clue Train Manifest wird immerhin schon 10 dieses Jahr. Da haben es sich viel gegönnt, lange auszuschlafen.
Nichts destotrotz ist es kein Wunder, dass die Firmen, die selber Digital Natives sind, in diesem Bereich die imposantesten Fortschritte machen.
Nebenbei: Ameisen … Zucker! Wie lange hast Du für das Sonderlayout gebraucht?
Wie erhofft geht der Prozess immer schneller. Am längsten dauert das Schreiben und Suchen der passenden Bilder. Das Herumbasteln im CSS ist endlich viel einfacher geworden und dieses mal habe ich wieder eine große Kleinigkeit verbessern können, was mir wieder paar Minuten in Zukunft sparen wird 🙂
Vom fertig geschriebenen Text, bis zum Veröffentlichen, war es effektiv vielleicht eine gute Stunde.
Kuhl! Das bewegt sich dann ja schon in etwa in der Dimension, die derzeit für die erweiterte Produktion von Artikeln in Online Zeitungen aufgewendet wird. Sehr schön … exzellent … fingerpyramidofevilcontemplation
Was ich jetzt erst sehe, wo ich übers Wochenende das Netzteil meines Macbooks im fernen Hamburg hab liegen lassen: Die Artikel funktionieren ja auch auf einem 1024 Bildschirm. Mann, Mann, Mann, Christian, was für eine Liebe zum Detail.
Das Hintergrundbild besteht aus zwei Ebenen. Einmal dem Bild der Ameisen und einem 24-Bit PNG Verlauf zur Hintergrundfarbe der Seite. Beides ist wie in Photoshop übereinander gestappelt (HTML- und Body-Tag). Positioniert man beides relativ und bekommen wir irgendwann mal Größeneigenschaften für Hintergrundbilder im CSS, dann haben wir 100% skalierbare Seiten, auch bei solchen Layouts.
Kleines Detail am Rande, dass mir sehr viel hier vereinfacht.
Einfach Geil.
Sehr clevere Idee auch, ein thumbnail in den RSS-Feed zu packen. So als dezenten Wink mit dem Gestaltungspfeiler.
Wenn jeder so holistisch denken würde, hätte ich keinen Job mehr. 🙂
Da sprichst du mir aus der Seele. Ich spiele Onlinespiele gegen andere Mitmenschen liebend gerne.
Das letzte (jetzt vorletzte) Kommentar gehört sich eindeutig gelöscht… Oder zumindest die URL…