Immer mal was Neues
Momentaufnahme
Bin am Wochenende etwas im Internet untergegangen. Man fängt an einen kurzen Artikel zu lesen und ist Stunden später bei YouTube und schaut Making-Ofs zu Liedern. Irgendwie ist die Luft raus. Ich suche eine neue Aufgaben und dieses mal sind die Gedanken davor deutlich detailierter als zuvor. Mein Beruf ist mehr als Mittel zum Zweck um Lebenskosten zu decken. Auch wenn es nach Klischee klingt, aber ich möchte Spaß beim Arbeiten erleben. Wie definiert sich nun Spaß im Beruf? Eine tolle Frage, die ich im Folgenden näher beleuchten möchte.
Kreation & Progression
Dinge zu kreieren ist eine tolle Erfahrung, auch wenn es nur Farben auf einer Pixelmatrix sind. Ich kann etwas sehen, mein persönlicher „ich habe Feuer gemacht!“ Moment, als tägliches Ambrosia, nur die Zubereitung ändert sich regelmäßig. Ganz ernsthaft, seit der Einstellung des Film des Tages vermisse ich ein täglich sichtbares und ja auch messbares Ergebnis. Keine Ahnung woher es kommt, aber Jahre des MMORPG Spielens haben mich drauf konditioniert, den imaginären Erfahrungsbalken fühlen zu sehen. Irgendwie fehlt mir der täglich vorzeigbare Beweis dafür. Überhaupt ein guter Punkt. Kreation reduziert sich auch für mich auf etwas Vorzeigbares. Ich bin es leid wieder und wieder Energie in Ergebnisse zu investieren, die nie das Tageslicht sehen werden. Was nicht genutzt oder konsumiert werden kann, existiert für mich oft nicht. Auch deshalb verlagert sich mein Fokus momentan wieder auf die eigene Website, denn das sichtbare, kontinuierliche Ergebnis, ist mir wichtiger denn je geworden.
Unabhängig vom sichtbaren Ergebnis, ist mir die Kooperation beim Lösen von Problemen ans Herz gewachsen. Auch deshalb bin ich irgendwie im Laufe der letzten Jahre mehr zum Entwickler und weniger zum Designer geworden, ein Schritt dessen Auswirkung sich in Zukunft noch zeigen müssen. Am Ende des Tages war und ist es der Wunsch, eine stärkere Kontrolle über den kompletten Prozess zu bekommen. Ich konnte schon immer meinen eigenen rudimentären Code schreiben, aber die Entwickler neben mir, haben Automatisierung, Versionierung und Kommandozeile weniger zu Horror und mehr zu wertvollen Werkzeugen werden lassen.
Leidenschaft & Respekt
Ich lese derzeit oft von Gesuchen nach neuen Fachkräften, die „mit Leidenschaft“ ihre Aufgabe erfüllen. Mal mehr und mal weniger so direkt umschrieben, aber jedesmal frage ich mich, wieso dieser Punkt explizit genannt wird. Für mich ist die Extra-Meile essentiell für ein überdurchschnittliches Ergebnis. Mein persönliches Interesse für mein Handwerk endet nicht nach Feierabend. Ohne meinen konstanten Informationsfluß in Form des RSS Readers, Twitter und eMail-Newslettern, sehe ich den eigenen Anspruch an das Handwerk nicht erfüllt. Fast täglich neue Ansätze für diverse Probleme präsentiert zu bekommen, macht den großen Reiz für mich dabei aus. Sicherlich habe ich regelmäßig im Jahr einen Punkt wo ich alles Informationströme kappen muss, um nicht wahnsinnig zu werden, aber ohne kann ich möchte ich auch nicht mehr.
Ein weiterer meiner persönlichen Grenzen für Spaß bei der Arbeit ist fachlicher Respekt. Begeisterung drückt sich für mich auch darin aus, das eigene Wissen wieder und wieder zu erweitern. Wenn mir ein Lied gefällt, möchte ich wissen wer Produzent ist. Wer ist Drehbuch Autor dieses Films und welch persönlicher Hintergrund hat ihm zu diesem Werk getrieben? Oft finde ich Informationen, die Entscheidungen nachvollziehbar machen. Dieses Suchen nach Hintergrundinformationen ist für mich unersätzlich, weil es eine Form von Respekt kreiert, die ich persönlich über fast alles andere stelle.
An diesem Punkt bedauere ich meine Berufswahl ein wenig. Das Handwerk ist noch so jung und unstrukturiert, dass sich jeder zum Erlöser aller Probleme machen kann. Für mich jedoch schafft besonders dieser fehlende Respekt vor Erfahrung ein Umfeld, dass kein gutes Ergebnis entstehen lässt. Es ist auch ein ein Zeichen fehlenden Vertrauens, die eigene Meinung über alle anderen zu stellen. Am Ende des Tages kauft man auch in diesem Markt Expertise ein und wäre schlecht beraten dann darauf zu verzichten, aber ich schweife ab.
Zielsicherheit
Es folgt eines meiner Lieblingsvideos, dass perfekt zeigt, welchen handwerklichen Punkt auch ich mal erreichen möchte. Im Folgenden zu sehen, ist die Produktionsphase eines Liedes. Von der Idee bis zur perfekten Umsetzungen vergehen Sekunden. Wenn Pharell Williams zum Keyboard geht, ist die Idee im Kopf. Wenn er davon weg schreitet, ist das passende Instrument gefunden und das Video zeigt eindrucksvoll den magischen Aha-Moment. Das ist eine Sicherheit und eine Zielstrebigkeit, die ich auch eines Tages einmal besitzen möchte.
Solche Momente im Kleinen sind schon an der Tagesordnung, aber ich hätte gern mehr davon, idealerweise immer, mindestens ein mal täglich 😉 Fakt ist, mit Erfahrung kommt auch in meinem beruflichen Umfeld eine gewisse Sicherheit, auch wenn sich die Anforderungen praktisch wöchentlich ändern. Gerade in einem so volatilen Bereich wie Webentwicklung, vermittelt mir das Quentchen Sicherheit eine unschätzbare Freude. Problem Y schneller lösen zu können weil es Parallelen zu Problem X gibt? Unbezahlbar.
Und weiter
Momentan macht mir mein aktuelles Arbeitsumfeld wenig Spaß. Auf der Suche nach neuen Herausforderungen, soll mir dieser Eintrag als Leitfaden dienen. Ich bin auch sicher, dies ist nicht die letzte Notiz ihrer Art. Für mich ist es wichtig zu wissen, wohin die Reise überhaupt gehen soll. Einfach nur anders reicht mir nicht. Ich stecke noch in keiner fundamentalen Berufskrise und möchte plötzlich ein Premiumbier brauen und es nach Asien exportieren, auch wenn der Gedanke verlockend und lecker klingt. Fakt ist, dass das tägliche Aufstehen wieder einfacher fallen muss, als es gerade der Fall ist. Einfach so weiter ist eine Sackgasse.
1 Kommentar
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global $hemingway ?>Ich würde ja spontan sagen: Du solltest erstmal Vater werden. 90% Deiner Wünsche treffen darauf zu … “ Kooperation beim Lösen von Problemen“, „mein persönlicher ‚ich habe Feuer gemacht!‘ Moment, als tägliches Ambrosia“, „Respekt vor der Erfahrung anderer“ … und immer so weiter. Aber das Elternwerden kann man ja nicht erzwingen.
Wegen des eigentlichen Themas: Da musste ich an mehreren Stellen sehr schmunzeln, wenn ich an meinen Arbeitsalltag im Palasthotel gedacht habe. „Ich hab Feuer gemacht“ ist tatsächlich eine stehende Floskel und wir bestimmt einmal am Tag von irgendwem in der Firma durchen den (Chat-) Raum gerufen. Ich persönlich hege inzwischen ein ziemliches Misstrauen gegen „Erlöser aller Probleme“. Zuviele Leute in unserer Branche glaube, dass sie schlauer sind als alle anderen. Mein Misstrauen ist inzwischen aber auch dem Alter geschuldet; ein klassischer „Das ist doch noch gut, warum sollten wir das anders machen?!“ Refelx, der aber in einer alternden Branche auch seinen Wert hat. Und schließlich, das Aufstehen: 2013 war bisher das beste Arbeitsjahr meines Lebens. Ich war nie so zufrieden, hatte nie soviel Spaß und war glaube ich, auch nie so effektiv bie der Arbeit. Der Grund dafür ist – wie ich glaube – dass wir uns im Palasthotel unsere Arbeitsbedingungen weitestgehend selbstgeschaffen und selbstgestaltet haben.
Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Arbeit Arbeit bleibt. 80% – 90% dessen was wir machen ist weder besonders kreativ noch anspruchsvoll (wenn man „Die Geduld mit Drupal behalten“ nicht als anspruchsvoll definiert). Wir sind in der Tat Handwerker, und keine Musiker. Der Ton macht auch hier die Musik, und die Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten darf, sind die Arbeit.