The Marshall Mathers LP 2
Ich war recht schnell Fan des Sprechgesangs. Als die deutsch Fasssung davon populär wurde, entdeckte auch ich Musik. So kam eins zum anderen und recht schnell war der nationale Horizont des Genres erreicht und man schaute sich nach den Wurzeln um,, die einen recht schnell zum amerikanischen Hip-Hop brachten. Run DMC? Beastie Boys? LL? Ich war unersättlich. 1999 hörte ich erstmals im Radio – ich glaube es war im Soundgarden von Fritz – Eminems Role Model. Was folgte war die perfekte Inszenierung eines musikalischen Gesamtprodukts, welches allerdings auch genug Substanz und Neues mit sich brachte, um in Lichtgeschwindigkeit die Welt zu erobern. Wie so oft war auch hier der zweite Teil ein Schlag ins musikalische Gesicht. The Marshal Mathers LP ist ein Klassiker und spätestens als ein neues Album mit einem solchen Referenztitel angekündigt wurde, war ich wieder Fan im Jahre 2000.
Älter werdende Popmusik
Ich bin überzeugt, dass das Genre Hip-Hop, ein Problem mit dem älter werden seiner Künstler hat. Das Genre ist gewachsen durch Künstler in ihren 20ern. Popmusik darf natürlich auch Künstlern jenseits der 20 offen stehen, aber Hip-Hop hat das seltene Problem, dass der Künstler in der Regel auch der Texter ist. Selbst eine reife Popikone wie zum Beispiel Tina Turner, hat ab der 40 fertige Lieder bekommen. Ein Popkünstler startet durch fremde Texte und er endet auch damit. Im Hip-Hop muss auch ein 40er Eminem sich die Texte selbst aus den Finger ziehen und damit sein junges Genre bedienen.
Am Ende ist genau das meiner Meinung nach die große Hürde, welche große Künstler des Genres nehmen müssen. Aktuell sehen wir auch bei The Marshall Mathers LP 2, dass jeder in seiner bekannten Nische bleibt. Dennoch gewinnt das Album, einfach durch sein exzellentes Handwerk. Vielleicht sollte ich dazu noch etwas ausholen. Mein Album des Jahres ist Yeezus, obwohl es textlich grausam ist, klingt es einfach nach etwas völlig Neuem. The Marshall Mathers LP 2 ist genau was ich erwartet habe. Ein spirituelles Sequel, dass niemals an seinen Vorgänger reicht, aber das war sowieso unmöglich.
Eminem ist in der Form, die ich als Hörer erwarte. Es sind die gewünschten White-Trash-Serial-Killer Geschichten um Mutter, Vater und Beziehung. Alles bekannt, aber eben in dieser Perfektion von niemand anderem vorstellbar. Es ist lyrisch beeindruckender Trash. Keiner pöbelt so wundervoll und politisch unkorrekt wie Slim Shady. Vulgär, aber wertvoll und teilweise einfach tierisch unterhaltsam, weil lustig.
Was Anfangs wie aufgewärmter alter Kaffee schmeckt, ist nach mehrmaligem Anhören und Lesen der Texte, ein musikalisches Erlebnis, dass nur dieser Künstler liefern kann. Bekannt, vorhersehbar aber eben handwerklich so gut, das es funktioniert. Das Gimmick der Platte ist seine Produktion. Eminem distanziert sich vom Hausproduzenten und schmiedet Beats, die nur er überhaupt mit Texten funktionieren lassen kann. Bei jedem anderen klänge es zum Davonlaufen, hier bleibe ich kleben, weil es irgendwie fasziniert und auch wenn die Geschichten bekannt sind, es sind immerhin noch Geschichten und nicht nur epische neue Metaphern für Frauen und Reichtum, so wie man es praktisch auf jedem anderen kommerziell erfolgreichen Hip-Hop Album der letzten Jahre hört.
The Marshall Mathers LP 2 ist hörenswert, verlangt aber etwas Geduld vom Hörer. Nach den wirklichen Tiefpunkten Relapse und Recovery ein Album, welches man sich mal wirklich wieder in die Sammlung stellen kann, dass aber durchaus auch echte Gurken von Songs enthält, die teilweise sogar als Single verwendet wurden oder demnächst werden.
2 Kommentare
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global $hemingway ?>Ich mag ja vor allem Deutschen Sprechgesang. Bei englischem fühle ich mich immer ein bisken wie Michael Bolton. 😀
Ich würde gern auch noch dem Deutschen Sprechgesang frönen, aber irgendwie, irgendwann und irgendwo hat mich das Genre verloren. Wenn ich nach epischer Pause mal wieder so höre, was es Neues gibt, dann wird mir Angst und Bange. Keine Frage, die sprachliche Hürde ist beim Englischen einfach da, aber sie lässt sich mit der Zeit meistern. Spätestens als die Bastion des Deutschen Spaß-Hip-Hops durch die neue Berliner Schule abgelöst wurde, bin ich als Zuhörer verloren gegangen.
Am Ende macht auch das Musikalische viel aus. In Deutschland ist die Rolle des Produzenten eine andere. Dementsprechend beliebig klingt der nationale Sprechgesang. Wenn man sich anschaut, wer in Amerika dem Genre zum Durchbruch verholfen hat, dann sind die Produzenten noch vor dem eigentlichen Künstlicher zu nennen. Ich meine auch dieses Album zeigt wieder, welche Klasse in Rick Rubin noch heute hat. Solch ein Format an Produktion, findet sich hier leider nicht, oder ich hab einfach nur nicht mehr ausbiebig danach gesucht.