Film des Tages – Lincoln (2012)
Daniel Day-Lewis kann es noch. Stephen Spielberg hingegen nicht mehr.Ich muss wirklich lange zurückgehen, um mich an den letzten guten FilmSpielberg zu erinnern. Daniel Day-Lewis hingegen ist ein Titan. NachThere will be blood und der Ankündigung zu Lincoln hätte ich draufgewettet, dass er dafür den Oscar bekommt. Falls er ihn bekommen habensollte, oder noch dafür bekommen wird: zu unrecht.
Kein Frage, er spielt Lincoln grandios und überzeugen. Es ist eineFreude, ihm bei Spielen zuzusehen. Aber ein Hauptdarsteller alleine kannleider nicht gegen das Ungemach anspielen, dass die traurige KonventionHollywoods und der erstarrte und blutleere Alterperfektionismus StephenSpielbergs ist. Lincoln ist ein Politikerfilm, was gleichbedeutend damitist, dass er ein Juristenfilm ist. Es geht um Gesetze und Mehrheiten undMacht und Kungeleien wie in unzähligenJohn-Grisham-Tellalike-Verfilmungen zuvor. Ich verstehe das ganze Genrenicht wirklich, hab es nie verstanden.
Bleibt die Sache, die noch ganz spannend ist: Der Bürgerkrieg und dieAbschaffung der Sklaverei. Erstmal der Bürgerkrieg. Der Bürgerkrieg wirdgerne als großes Trauma dargestellt, was er ganz sicher auch ist. Dennzum einen war er der einzige richtige Krieg, der auf amerikansichemBoden statt fand und zu anderen wird er gerne was die Ausmaße desGemetzels angeht gerne als der erste Krieg der Moderne betrachtet, dererste Krieg im Zeitalter und mit den Mitteln der Industrialisierung.Spielberg zeigt und zu Begin des Film und zu dessen Ende, was dasbedeutet: Tod in industriellen Massen.
Dann zur Sklaverei. Auch das zeigt und Spielberg schon in den erstenbeiden Szenen: Das Verhältnis von Schwarzen und Weißen steht im Zentrumdes Film. Damit begeht Spielberg eine Interpretation, die zwar gutgemeint sein mag, aber alles andere als der Wahrheit entspricht. DerBürgerkrieg war kein Krieg zur Abschaffung der Sklaverei und Lincoln hatwährend des Krieges lange nichts von der Abschaffung der Sklavereiwissen wollen und hätte die Sklaverei vermutlich in Kraft gelassen, wäreder Krieg bereits in den ersten Jahren entschieden worden.
Das wahrhaft verblüffende an der Sklaverei bringt der Film allerdingsauch auf den Punkt, nämlich die Tatsache, dass es Südstaatler und(konservative) Nordstaatler wirklich fertiggebracht haben, dafür auchnoch eine christliche Rechtfertigung anzuführen: „Wie können wirgleichstellen, was Gott ungleich erschaffen hat“. Immer wiederkonfrontiert der Film die Zuschauer mit solchen gedanklichenAbstrusitäten, die sich schließlich in den Sätzen ihren Höhenpunktfinden „Wenn Sie die Sklaverei abschaffen, wollen sie wohl auch dasWahlrecht für Schwarze. Was kommt als nächstes? Wahlrecht für Frauen?“
Spielberg wird nicht müde, uns mit diesen moralischen Monstrositätenzu konforntieren, ebensowenig macht er einen Hehl daraus, auf wessenSeite man zu stehen hat, und die Geschichte des Filmes ist dennoch dieSchwierigkeit, die es bedeutet, auf dieser Seite zu stehen, für dieseSeite einzustehen. Obschon das Richtige auf der Hand liegt, ist es einunendlich erschöpfender Kampf der stets auf Messers schneide steht undvon den Guten viele Kompromiss und noch mehr Opfer erfordert, zu letztdas eigene Leben: Lincoln hat das Kriegsende nichteinmal eine Wocheüberlebt, ehe er von einem Attentäter ermordet wurde.
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