Prometheus
Das ist es also. Nach 30 Jahren und eigener Aussage, dass es bei Sci-Fi nichts Neues zu erzählen gäbe, wagt sich ein reifer Ridley Scott zurück zu den eigenen Wurzeln. Prometheus vielleicht größter Makel, sind die eigens geschaffenen Erwartungen, das Franchise auf das Niveau der ersten Filme zurück zu bringen. Nur sind eben 20 oder gar 30 Jahre vergangen und das Medium ist ein anderes. Ein Film wie ihn Fans wie ich wollen, der ist nur noch sehr schwer zu verkaufen und Scott ist am Ende kein Kunstfilmer.
Die Entstehung des Films scheint online ausreichend dokumentiert. Fox wollte das Franchise mit einem neuen Scott Film wieder aufwerten, dabei die alten Zuschauer zurück und neue hinzu gewinnen. Wenn ich nun nach dem ersten Anschauen nachdenke, dann hat Prometheus dieses Ziel, unabhängig von Kritik, erreicht.
Reverse Engineered
Bittere Ironie, dass der Film selbst klinisch rein konstruiert ist. Man nehme: alle Schlüsselszenen der ersten drei Filme, das Artbook und Making-Ofs des ersten Films, einen ambitionierten, aber unerfahrenen Autor und die Frage, wer oder was ist der Space Jockey? Der Rest schreibt sich fast von selbst, ist für Fox zu teuer und für Scott zu offensichtlich Alien Prequel. Fortan krallt man sich den hippen, erfolgreichen Lost Autor und klopft das Drehbuch in eine weniger an Gigers Xenomoprh erinnernde Form. Fertig.
Meine Erwartungen an den Film waren sicher unrealistisch. Zuvor Batman zu sehen, hat mich etwas geerdet, was im Nachhinein perfekt war. Hinzu kommen Kleinigkeiten, die mich den Film noch nicht objektiv bewerten lassen. Noomi wertet jeden Film auf. Fassbender spielt grandios, ebenso wie Theron. Der Film bietet eine makellose Optik und auch im hohen Alter, zaubert Scott intensivste Szenen aus dem Hut.
Natürlich muss man auch Prometheus seine Zweifel und Logik hinten anstellen. 2012 reicht die Formel des ersten Films einfach nicht mehr aus, aber kein Blockbuster Film der letzten Dekade ist frei von Lücken und absolut logisch nachvollziehbar. Trotzdem folgen ein paar grobe Schnitzer.
Der Film besitzt viel zu viele Figuren. Die meisten erfüllen gar keine Funktion und lenken nur ab. Mein größtes Problem mit dem Film ist Holloway, der zu 120% nur Plot Device ist. Diese Figur existiert primär aus einem Grund und das ist der Versuch, die Schlüsselszene aus Alien zu übertreffen, was ziemlich unmöglich ist, besonders, wenn es so wenig elegant wie hier konstruiert ist. Keine Frage, Chestburster 2.0 ist grandios. Sowas habe ich noch nicht gesehen. Die Zuschauerin neben mir schloss im Laufe der Szene die Augen und hielt sich die Ohren zu. Mission erfüllt Ridley Scott, bravo.
Dem Film fehlt eine eindeutige Bedrohung, was sicherlich Absicht ist, aber mir weniger gut gefällt. Der Film leidet lange Zeit an informativer Pornografie. Ellen Ripley musste man selbst Über mehrere Filme deuten. Zu Elizabeth Shaw gibt es gleich zum Anfang schön erklärende Flashback- und Traumsequenzen. Trotzdem bleibt offensichtlich, wie sehr man eine neue Ripley schaffen möchte.
Therons Figur ist toll, besonders im Dialog mit David, der überhaupt eine echte Stärke des Films ist. Aber auch hier ist haben die Autoren mächtig konstruiert. Ash war böse, Bishop war gut, also wird David beides und bekommt so einen Bogen innerhalb des Films.
Die Kreaturen im Film sind kein Giger Design. Mehr muss ich dazu nicht schreiben. Trotzdem hat man ziemlich frech seine Designs für den ersten Film, die damals zu teuer waren, jetzt hier vewertet. Gut so und es sieht besser aus denn je. Das Finale ist eine Schwäche des Films. Vickers Tod ist unnötig und lächerlich umgesetzt. Sehr schade, wirklich, das war eine tolle Figur, die hier sinnfrei geopfert wird. Das eigentliche Ende ist zwar kein Erwachen aller Figuren in der Kirche, aber der Film sucht auch hier noch viele neue Fragen zu stellen.
Sci-Fi Horror 2012
Überhaupt muss ich loben, dass man trotz der Demystifizierung des Space Jockeys, genug neue Fragen kreiert, um das Franchise nicht vollständig zu entwerten. Insofern muss ich loben, dass man nicht das direkte, einfache Prequel des ersten Drehbuchs verfilmt hat. Prometheus möchte zwar krampfhaft mehr sein, als das B-Movie seiner Wurzeln und enttäuscht dabei sicherlich viele surreale Erwartungen, aber objektiv haben wir hier einen überdurchschnittlichen Film, der Grundlage für mehr neues, tolles Kino sein kann, als ein einfacheres Prequel.
Prometheus sollte im Kontext mit anderen aktuellen Filmen verglichen werden und weniger mit den ersten Filmen des Alien Franchise. Einen so harten, wenn auch wenig überraschenden Sci-Fi-Horror Filme, habe ich eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Der Film ist nicht perfekt, aber welcher Blockbuster Films ist das heute schon noch. Prometheus wird ein zweites und drittes Anschauen belohnen, worauf freue ich mich schon sehr freue. Ein beseres Fazit kann ich am Ende nicht formulieren. Es ist kein perfekter Film, aber das war sowieso unmöglich. Prometheus ist eine sehenswerte Ergänzung zu einem wieder modernen, fiktionalen Universum und seinen B-Movie Schuhen entwachsen. Wir sehen uns in ein paar Jahren zum zweiten Teil. Ich kann es kaum erwarten. Prometheus ist im Gegensatz zum ersten Teil kein „perfekter Organismus“, aber mit einer weit längeren Lebenserwartung als so ziemlich jedes andere Sci-Fi Franchise der letzten Zeit.
2 Kommentare
Für diesen Eintrag wurden die Kommentare geschlossen.
global $hemingway ?>Kleiner Einwurf: Gigers Design für die „Pyramiden“ ist gar nicht aus dem Fundus für den ersten Alien-Film sondern stammt noch aus den vorherigen Entwürfen für einen Dune-Film, der nie passiert ist und stellt eine Harkonnenfestung dar [sic!].
Hmm. Also ich hab jetzt noch mal mein Alien Artbook rausgekramt und da findet sich schon dieser Entwurf mit der genialen Bildbezeichnung Alien Brutstätte:
Das Totenkopf Element stammt definitiv aus dem Harkonnen Enturf, aber die Pyramide ist meines Wisses nach für Alien entstanden.