Bequemlichkeit oder Freiheit bei Software
Mein erster eigener Computer war ein Comodore 64, gekauft in einer tollen Promo-Box zusammen mit dem Spiel Terminator 2. Mit dazu gab es eine Diskette, voller diverser kleiner Programme. Zu vielen dazu gab es ein Code-Listing, welche auch in vielen Zeitschriften der Zeit damals verfügbar waren. Ein analoger Download sozusagen. Man kaufte sich die Zeitschrift, ölte zuvor Tastatur und Finger und legte damit los, Seiten voller Textzeilen abzutippen. Das Ergebnis war manchmal ein hüpfendes monochromes Etwas, manchmal ein krächzender Midi-Track, oder fast immer ein Fehler, weil man sich irgendwo vertippt hatte. Das Gefühl jedoch, der Maschine selbst etwas „beigebracht“ zu haben, ist besonders beim ersten Mal ein epischer Frankeinstein-Effekt. „It’s alive!“
Mehr als zwanzig Jahre später und die Welt der Programme ist eine andere. Ich bekomme ein sehr unangenehmes Gefühl, wenn ich mir anschaue, in welche Richtung heute ein neues Betriebssystem geht, dann vertiefen sich die imaginären Sorgenfalten. Der künfitge Weg von Software ist heute relativ transparent. Die Freiheit des Nutzers wird langsam aber sicher von der Bequemlicheit der Anwendung verdrängt: „Suche Freiheit, biete die Illusion von Sicherheit und einfache Nutzung.“
Die App Store Formel als trojanisches Pferd für die eigene Freiheit, Software zu nutzen. Sowohl Apple als auch Microsoft sind nur noch einen Steinwurf davon entfernt, ihre Desktop Systeme dikatatorisch zu kontrollieren. Das Schlimme ist, wir Nutzer haben den Köder schon lange geschluckt und er kommt in Form von ach so einfach benutzbaren Dingen wie Smartphone oder Tablet PC. Ganz offensichtlich sind bereits jetzt alle Werkzeuge installiert, damit das System dem Nutzer erlauben und verbieten kann, was er an zusätzlichen Programmen installieren darf.
Finanziell kann ich der Strategie auch nichts entgegen bringen. Ehrlich gesagt fände ich es auch super, immer kontrollieren zu können, was mein Nutzer so anstellt, aber wie kurzsichtig ist diese Strategie? Diese restlichen ein oder zwei Prozent an Software, die eine Plattform völlig neu definieren und voran bringen? Solche Kreationen filtert ein solches System immer aus. Ich bin gespannt, ob mein üblicher Realismus auch hier greift. Immerhin bleibt Linux und der Browser als zweite neue Ebene eines Betriebssystems.
Auch als Spieler bin ich hier etwas beunruhigt. Windows 8 geht auf direkten Konfrontationskurs mit diversen aktuellen Plattformen wie Steam oder Battle.net. Microsoft kann über Nacht solche Konkurrenz komplett aus Windows verbannen und so abwegig ist der Gedanke nicht, denn schließlich existiert die Mutation Games for Windows Live immer noch.
Erinnern wir uns zurück an die Klage gegen Microsoft, ihren Browser so ans OS zu koppeln, bzw. keine Alternativen anzubieten. Das viel zu späte Ergebnis? Eine Auswahl an Browsern, nach Auflage des Gerichts. Heute schreit kein Mensch mehr, dass iOS praktisch an eine Browser geschweißt ist. Wir freuen uns sogar drüber. Bequemlichkeit ist manchmal doch wichtiger … mal schauen wann die Schmerzgrenze dann doch bald wieder erreicht ist.
2 Kommentare
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global $hemingway ?>Vor einer ganzen Weile schon hatte ich das glaube ich in einem Artikel vom grandiose Andreas Göldi (oder war’s Sascha Lobo?) gelesen: Beim Radio und Fernsehen gab’s eine ähnliche Entwicklung. Zunächst ein ziemlich freies Medium, dann die Herausbildung von Branchenriesen und schließlich durch ein Zusammenspiel und Staat und Konzernen die fast vollständige Regulierung des gesamten Medium, so dass nur noch Konzerne mitspielen können … und mit jedem Meter, den wir auf die Konzerne zugehen, erhöhen wir die Wahrscheinlichkeit, dass es im Netz ganz ähnlich kommt.
Radio kann ich nicht einschätzen. Beim Fernsehen ist der Zuschauer selbst Schuld und im Netz? Ich suche noch die Ursache. Ist es am Ende wirklich doch nur einfacher mit Peitsche statt mit Zuckerbrot die Umsätze zu erzielen? So einfach kann es eigentlich nicht sein.