Der Travis Bickle Faktor
Meine bedingunslose Begeisterung für Taxi Driver ist bekannt. Immer wenn ich wie jetzt wieder mediale Berichte zu echten Travis Bickle Typen sehe, weiß ich wieder was den Film so wertvoll macht. Manchmal, oder eben doch öfter als man es sich wünscht, gibt es keine einfachen Antworten und jedes mal bin ich wirklich angewidert, vom Suchen der Medien, der Emittler und der Öffentlichkeit nach der einfachen Antwort. Wieso schafft man es nicht, fehlende Kausalität einfach mal zu akzeptieren. Ist der öffentliche Horizont schon so begrenzt?
Taxi Driver ist so brillant, weil der Film diese Formel durchbricht. Es gibt keine einfache Antworten. Es gibt überhaupt keine Antworten. Der Film verlangt vom Zuschauer, was auch die Realität öfter verlangen sollte: die Auseinandersetzung außerhalb der Kausalität. Für mich ist es völlig uninteressant, warum ein junger Mann zur Waffe greift und um sich schießt. Ich brauche keine einfach aufbereitete Erklärung, warum ein Individuum, nicht nach den Mustern handelt, auf die es Jahrzehnte konditioniert wurde. Solche Dinge passieren einfach und lassen sich nicht verhindern und nicht erklären. Es ist der Travis Bickle Faktor.
Der Umgang einer Gemeinschafft mit solchen Ereignissen, zeichnet ein unverfälschtes Bild. Dass auch 2012 nach einfachen Erklärungen gesucht wird, zeigt wie weit man sich nach vorn bewegt hat. Dem entgegen steht ein immer einfacher zu kreierendes Bild des Täters, die mal mehr, mal weniger freiwillig ihr eigenes Bild verkaufen können. Vor dem Amoklauf am besten noch Nazi-Symbole auf’s eigene Facebook-Profil kleben, damit der arme Redakteur es nicht so schwer hat, eine Geschichte zu erzählen. Wer nach Antworten auf die Fragen solcher Ereignisse sucht, sollte mehr Taxi Driver schauen und weniger Nachrichten. Fast-Food-Kausalität als modernes Opium für das Volk.
1 Kommentar
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global $hemingway ?>Da muss ich immer an eine der wenigen Lektionen meines nur zwei Semester andauernden Soziologiestudiums denken: „Menschliches Handeln hat Gründe, keine Ursachen.“