Diablo 3 – Update
Die Welt der virtuellen Welten ist schon seltsam. Praktisch zeitgleich mit Diablo 3, kommt ein Mod in den Fokus, der gegensätzlicher nicht sein könnte. Auf der einen Seite bekommt man mit D3 ein poliertes 10 Jahre altes und bewährtes Konzept, auf der anderen Seite, erfindet ein einsamer Entwickler, auf Basis einen winzigen Nischentitels, die Zukunfts des MMOs. Aber hier soll es nicht um Day Z gehen, sondern um Blizzards dritten Teil des Diablo Franchise.
Viel muss ich auch nicht über den Titel schreiben. Es ist Diablo und es ist ein Blizzard Spiel. Die Strategie ist schon sehr smart. Statt wirklich Neues zu kreieren, wartet man bis bewerte Ideen nach Jahren für eine neue Generation frisch wirken, die man in der Zwischenzeit in wichtigen Details perfektioniert hat. Mittlerweile hat meine Witch Doctor Heldin die Welt einmal vor dem normalen Diablo gerettet und arbeitet sich durch die zweite Schwierigkeitsstufe.
Ich habe die vorherigen Teile nicht wirklich intensiv gespielt. Teil zwei sporadisch, Teil eins auf der Playstation nur angeschaut. Teil zwei kam zu einem schlechten Zeitpunkt, weil mit EverQuest für mich damals die viel spannendere Alternative war. Ich kann sehr gut nachvollziehen, wieso Diablo polarisiert. Es ist wie viele Blizzard Titel ein Spiel-Spiel. Es ist Angry Birds bevor es Angry Birds gab.
Das Geheimnis von Diablo ist ein offenes und Geheimrezept aller wirklich massiv erfolgreicher Titel: geringster Input führt zu maximalem Output. Blizzard hat hier eine Mechanik genommen und sie schon fast perversioniert. Blizzard behandelt den Mausklick, wie Nintendo den Sprung oder Valve First-Person-Shooter. An der Idee ändert sich nichts, aber trotzdem findet man immer wieder Wege, wie man die Grundidee leicht neu interpretiert. Diablo 3 Progression ist schon antik aber funktioniert: das Ziehen an der Slot-Machine mit der Hoffnung auf bessere Items, verpackt als Action-RPG. Ein Klick und mein Charakter lässt eine Armee von Tieren auferstehen, wirft mit explodierenden Feuerelementaren und lässt Chaos vom Himmel regnen. Das audio-visuelle Feedback aller Fähigkeiten ist virtuelles Koks.
Das Gameplay ist solide, richtig solide. Keiner macht Blizzard was vor, wenn es um solche Dinge geht. Das Game Design ist auch primär das Ergebnis von 7 Jahren World of Warcraft und nimmt einen Spieler durchaus schon zu sehr an der Hand. Unter der Oberfläche, die durchaus Angriffsfläche für Kritik bietet, stecken aber zwei enorme Stärken. Zum einen ist die Präsentation makellos. Auch Diablo 3 ist visuell typisch Blizzard. Besonders in späteren Szenen ist das Spiel wunderschön und wird zum spielbaren Gemälde. Der Höhepunt ist das Skillsystem im Spiel.
R.I.P. Talent Trees
Wenn man liest, dass in diesem Titel zwei Jahre Polish-Mode stecken, dann glaube ich das sofort. Selbst kurz vorm Release, sind grundsätzliche alte Mechaniken massiv überarbeitet worden. Das Ergebnis ist beeindruckend. Blizzard hat nichts anderes geschafft, als das antike Konzept von Talent Trees abzulösen. Der Spieler hat die Möglichkeit völlig frei aus einem festen Pool an Fähigkeiten zu wählen. Es gibt keinen linearen Pfad. Aus einer großen Auswahl, kann man sich seine Lieblingsgerichte aussuchen.
Der zweite Streich ist weniger neu und die Idee habe ich in dieser Form zum ersten mal in Team Fortress 2 gekonnt umgesetzt gesehen. In TF2 können Spieler durch die Auswahl der entsprechenden Gegenstände ihre bekannten Werkzeuge so modifizieren, dass etwas völlig Neues dabei entsteht. Blizzard hat mit diesem Ansatz schon in WoW experimentiert: Glyphen als Modifikator. In Diablo schließlich ist die Idee perfektioniert. Runen dienen als Modifikator für wenige Fähigkeiten. Die Änderungen sind so massiv, dass daraus neue Werkzeuge werden. Die Möglichkeit verschiedener Kombinationen macht aus einer auf den ersten Blick gering erscheinenden Auswahl, ein beeindruckendes Arsenal.
Das Problem von Talent Trees ist die Linearität. Die Freiheit zu wählen ist Illusion. Es gibt keine Variation. Dieses neue System löst das Problem perfekt und im Falle von Diablo 3 funktioniert es wunderbar. Als Spieler kann man sich langsam wachsend mehr und mehr neue Werkzeuge zusammenstellen. Nur wenige Kombinationen funktionieren überhaupt nicht. Die Möglichkeiten allein bei meinem Witch Doctor mit nicht mal Level 40 sind wirklich ansehnlich. Alles spielt sich leicht anders und funktioniert. Auch wenn es durchaus Fähigkeiten gibt, die zu mächtig sind, aber das ist ein Balance Problem und leicht lösbar.
Hass-Liebe
Es gäbe noch so viel zum Spiel zu bemängeln und zu loben, am Fazit ändert es dennoch nichts. Entweder man kann mit diesem Genre was anfangen, oder eben nicht. Diablo 3 ist wieder so ein typischer Blizzard Titel. Auf den ersten Blick altbacken, überholt und wenig attraktiv. Am Ende ist es aber auch wieder so ein Beispiel für ein Spiel, bei dem jedes andere Studio sagt, sowas hätten sie auch machen können, aber das ist auch eine Illusion. Dies ist ein Titel, wie ihn nur dieses Studio machen kann: einfach aber mit tiefe und unter der Oberfläche makellos.
Mein Fazit lautet: der Kauf hat sich schon gelohnt, auch wenn ich bezweifle, dass der Titel mich lange fesseln wird. Am Ende fehlt mir irgendwas, aber ich kann es nicht genau beschreiben. Fraglich bleibt auch, ob der Titel wie sein Vorgänger auch in zehn Jahren noch aktiv gespielt und von Blizzard mit einem Patch versorgt wird. Diablo 3 ist genau was ich erwartet habe. Am Ende steigt die Hoffnung auf Blizzards zweites MMO, denn eines können sie einfach: solides Gameplay mit Tiefe wie kaum ein anderes Studio.
Update
Nach vielen Stunden des Klickens hat meine Hexe endlich Inferno-Modus erreicht. Es ist schade, dass Blizzard keine andere Möglichkeit gefunden hat, das Spiel zu strecken, als diese Progression der Schwierigkeit. Im Prinzip geht Diablo 3 hirntot los und wird zum reinen Masochisten-Geschenk. Prinzipiell geht es am der dritten Stuffe Hell erst richtig mit dem Spaß los. Bis dahin ist der Titel einfach zu anspruchslos und einfach.
Makellos und einfach perfekt ist der Wechsel vom Single- zum Multiplayer-Spiel. Blizzard hat hier alle Hürden beseitigt. In D3 kann jeder Spieler mit jedem zu jeder Zeit zusammenspielen und dabei Fortschritte machen, die sich auch zum Singleplayer Pfad ergänzen. Kleinigkeiten stören mich jedoch persönlich. Zwar wird Diablo 3 als Multiplayer-Titel beworben, es existieren jedoch absolut keine Vorteile, die ein Zusammenspiel rechtfertigen. Ganz im Gegenteil, spielt man allein, hat man ein effektiveres Spiel in jeder Hinsicht.
Weiterhin ist das System Battle.net-Tag genauso dämlich wie der Vorgänger Real ID. Man hat wenig Möglichkeiten absolut anonym zu spielen. Statt der Charakternamen verwaltet Blizzard das Zusammenspiel immer über die Battle-Tags. Im schlimmsten Fall sieht der Mitspieler noch den echten Namen des Spielers. Das geht mir absolut zu weit und ist überhaupt nicht transparent genug.
Balance
Hab ich vor Tagen das Skill-System noch gelobt, entpuppt sich auch die beste Idee am Ende als die gleiche uralte Schwäche. Je schwieriger die Gegner, desto geringer die Auswahl an effektiven Werkzeugen. Meine Klasse wird als Klasse mit vielen kleinen Pets beworben nur schade, dass keines davon für spätes Hell- und dann Inferno-Gameplay bereit ist. Zwei Jahre Tuning sind offensichtlich nicht genug, um solche offenen Fehler zu sehen. Die Auswahl an Möglichkeiten wird spätestens mit Inferno sehr gering und es gibt für viele Klassen offensichtlich ganz wenige spielbare Skill-Builds. Keine Frage hier sucht man schnell den Weg des geringstens Widerstands, denn OMFG wie bretthart kann ein Spiel werden.
Hier muss man erwähnen, wie Diablo 3’s System für Mini-Bosse funktioniert. Alles basiert auf einem Zufallssystem. Der Zufall verteilt aus einer Auswahl an Fähigkeiten auch die Werkzeuge der Gegner. Fallen die Würfel günstig hat man eine Chance. Fallen sie schlecht, sieht man Anfangs überhaupt kein Land. Was da für diabolische Kombinationen möglich sind, ist absurd fies und offenbart die größte Schwäche im Spiel.
Diablo 3 skaliert meiner Meinung nach absichtlich völlig am Spieler vorbei. Gegenstände die man findet, bleiben praktisch bis Hell- und Inferno-Modus wertlos, weil man selbst viel weiter im Level ist, als der Gegenstand der einem gerade vor die Füße fällt. Einfach formuliert findet man in selbst in Inferno Gegenstände, die schon Tage vorher wertlos waren. Das Spiel schafft es absichtlich nicht, die richtigen Werkzeuge zur richtigen Zeit anzubieten.
Warum Absicht? Nun Diablo bietet ein Auktionhaus und so wird man ziemlich elegant gezwungen dort einzukaufen. Theoretisch kann man drauf verzichten, praktisch ist es viel zu uneffizient. So viel Glück kann man nicht haben, dass man zu jeder Zeit die richtigen Items bekommt. Diese Tatsache stößt mir ziemlich sauer auf, denn so eine eklatante Schwäche im Design, kann kein Zufall sein, bei einem Titel der auf dem Zufall basiert aber Jahre des Feintunings hinter sich hat. Mir missfällt primär, dass es funktioniert und auch ich hier das Auktionhaus nutze. Noch ist die zweite Variante, die den Kauf virtueller Gegenstände mit echten Geld erlaubt nicht verfügbar, aber man muss kein Prophet sein, um zu sehen, wie erfolgreich das sein wird.
Am Ende überwiegt aber dann doch der Spaß. Es ist lange her, dass ich so an den Rechner gefesselt war. Trotz aller kleiner Fehler, wenn D3 funktioniert, dann gibt es nicht viele bessere Spielsituationen und Diablo 3 blüht wirklich erst nach vielen Stunden so richtig auf. Ich glaube es dauert noch etwas bis ich in D3 ausbrenne.
3 Kommentare
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global $hemingway ?>Gut geschrieben. Auch ich habe mich nun eine Weile mit D3 beschäftigt und nahm die Kurve, mit der das Spiel schwieriger wird, ziemlich identisch wahr.
Die Balance, zwischen den Klassen ist derzeit noch ein riesiges Manko. Mein Kumpel ist Dämon Hunter und mit seinem „Immunitätsknopf“ schafft der quasi alles. Ich als Barbar habe derzeit glaube ich am meisten gelitten. Da der Schaden, insbesondere ab Act 2 Inferno so absurd ansteigt, bin ich quasi immer onehit. Und mein Gear ist mittlerweile nicht mehr wirklich schlecht. Aber vieles von diesen Dingen werden auch von Blizzard angegangen. Sehr interessant lesen sich hierzu die geplanten Patchnotes:
http://us.battle.net/d3/en/blog/6262208/Patch_103_Design_Preview-6_6_2012#blog
Ein weiterer großer Kritikpunkt ist die Itemisation. Recht gut wiedergegeben wird deren stumpfe Linearität in diesem Video hier:
http://www.youtube.com/watch?v=hI4peeO3yzY&feature=relmfu
Er hat auch etwas zum Schwierigkeitsgrad und Schwierigkeitsgrad gemacht, evtl. ist es ja vom Interesse.
Das Video enthält einige Wahrheiten, aber auch einige sehr unpassende Parallelen zu World of Warcraft. Richtig ist, dass Item Design im neuen Diablo nicht sehr elegant wirkt. Zwar hat man versucht möglichst viele Zahlen zu vereinfachen, aber dabei vergessen, dass man 1) völlig auf den Zufall baut und 2) alle Skills im Spiel auf ein oder zwei Zahlen basiert.
Das Ergebnis: es ist nur theoretisch möglich jeweils angemessene Waffen zu bekommen, ohne das Auktionshaus zu benutzen. Im Prinzip ist Diablo derzeit das krasse Gegenteil zu Torchlight, wo wirklich alle zwei Meter Tonnen von Gegenständen droppen, die hier und da eine Verbesserung sein könnten. Beide Systeme sind mies und ich bin mir sehr sicher, dass Blizzard die Schwächen kennt und sie zügig adressieren wird. Derzeit jedoch, sieht man ohne die Nutzung des Auktionshauses nicht viel Land, auch wenn Blizzard gestern explizit das Gegenteil behauptet hat.
Wenn ich mir meinen eigenen Post durchlese, stelle ich fest, dass ich wirklich nicht mehr ganz wach war. •_• Jedenfalls hat es für eine gute Rechtschreibung wohl nicht mehr gereicht.Entschuldigung dafür.
Was die Gegenstände angeht, so ist der Unterschied zwischen den einzelnen Akten auf Inferno enorm. Ein Bekannter farmt Siegebreaker mit seinem Demonhunter. Als ich einmal dabei war, fand er direkt ein 900 DpS Schwert und für sich einen 1200 DpS Bogen. In vorhergehenden Akten hatte er etwas Vergleichbares nur ein einziges Mal. Und das bildet seinen Angaben zur Folge nicht wirklich die Ausnahme im Act 3. Er verkauft die ganzen Sachen im AH und kann sich damit ein wirklich traumhaftes Gear zusammenstellen. In Akten davor an solche Sachen zu kommen ist eigentlich nur theoretisch möglich. Die beste Methode ist und bleibt, Gold zu Farmen und dann einkaufen zu gehen. Das ist zwar sicher, aber auch extrem eintönig und bei der derzeitigen Inflation (hi @ 1300 DPS Einhand gestern für 100 Millionen im AH) schafft man es evtl. nicht mal an sowas zu kommen.
Ich stelle halt bei mir mittlerweile fest, dass ich einlogge und nach 5 Minuten schon wieder keine Lust mehr habe. Auch wenn ich mir darüber im Klaren war, dass es mich wohl nicht so lange halten würde wie ein MMO, bin ich doch zugegebenermaßen überrascht, wie schnell ich das Spiel zu den Akten lege. Zumindest bis zum 1.03 Patch werden ich es kaum noch anrühren. Keine Frage, Diablo3 ist durchaus sein Geld wert und alleine für das Erleben, wie die Story fortgeführt wird, lohnte sich für mich der Kauf schon, aber es ist mehr eine Blizzard-Einheitsbrei-Produktion geworden, als der große Wurf.
Ich vermisse diverses, dass man aus D2 noch kannte. Darunter die Vielfältigkeit der Specs. Ich habe zunehmend den Eindruck, dass es ähnlich wie in WoW, „DEN SPEC“ gibt oder geben wird, den dann alle spielen, weil er halt einfach mit Abstand am stärksten ist. Soweit ich weiss, spielen beispielsweise alle Sorcerer derzeit Gifthydra, weil das wohl im Moment das Talent überhaupt ist.Ebenso hoffe ich, dass sie früher oder später wieder etwas wie Runenwörter einführen, das hatte D2 auch nochmals irre spannend gemacht. Einfach nur mit Gems wie im Moment, ist es leider ziemlich eintönig.
Zumindest das nächste Wochenende kann ich mit der Beta von Guild Wars 2 zubringen und habe damit wieder etwas interessantes zu tun. Evtl. schaust du dir das auch mal an. Bisher würde ich sagen, dass es nach der schier endlosen Anzahl getesteter MMOs neben WoW wie RF-Online, Aion, Age of Conan, Rift und ich weiss nicht noch was allem der vielversprechenste Kandidat in diesem Genre seit langem ist.