Design by Geizhals
Gibt es etwas aus Verdanagate zu lernen, also abgesehen davon, dass Verdana im Druck noch unansehnlicher wird? Wenn eine der bekanntesten Marken unserer Zeit, bei der Gestaltung der eigenen Marke spart, dann ist dies Zeichen einer neuen Philosophie von Gestaltung, selbst bei jenen, denen man eigentlich Sensibilität für das Thema attestieren könnte. Ich möchte an der Stelle überhaupt nicht werten, wie gut oder schlecht Ikea’s neue Hausschrift ist. Viel interessanter für mich ist der Ursprung des Wechsels vom Klassiker (Futura) zum Wegwerfartikel (Verdana).
„We’re surprised, but I think it’s mainly experts who have expressed their views, people who are interested in fonts. I don’t think the broad public is that interested. Verdana is a simple, cost-effective font which works well in all media and languages.“ #
Design verliert als Handwerk langsam aber sicher an Wert. Seien wir mal wieder so richtig ehrlich. Hand aufs Herz, was zeichnete einen großen namenhaften Gestalter vor zwanzig Jahren im Vergleich zu heute aus? Der Zugang zur Technologie. Früher waren die Werkzeuge in der Hand einer kleinen Elite. Heute bekommt jeder der eine Kamera kauft gleich die passenden Werkzeuge zum Gestalten mit in die Hand. Der Wegfall des Techonologie-Monopols verwässert das Ansehen des Handwerks. Ob dies gut oder schlecht ist, möchte ich nicht werten. Fakt ist jedoch, dass jeder heute mit dem Begriff Photoshop was anfangen kann. Einst dem Wert eines Kleinwagen entsprechend, ist es mit dem Internet in die Hände jedes Anwenders gelandet und viele davon haben Blut geleckt.
Ich erlebe die Folgen dieser Entwicklung täglich. Der Markt für Gestaltung bei mittelständischen Unternehmen ist hier dominiert von Hobby-Gestaltern, die nicht nur die Preise, sondern auch die Qualität senken und das offensichtlich zur Freude der Klienten. Schaut man sich Ikea’s Reaktion an, dann scheint diese Mentalität nun auch bei den großen Marken angekommen zu sein. „Wieso dieser Trubel? Verdana kann man doch auch lesen?“
Das Argumentieren gegen diesen Trend ist der Kampf gegen die Windmühlen. Im Fall Verdanagate ist es unmöglich. Verdana ist lesbar wie Futura aber um einiges günstiger. Der Rest ist subjektive Wahrnehmung weniger. Es ist nicht verwunderlich, dass es sogar Stimmen gibt, die den Wechsel begrüßen.
Kurzfristig dürfte sich hier nichts ändern. Je stärker Online für Gestaltung an Gewicht gewinnt, umso mehr Verdanagate dürften wir sehen. Was langfristig irgendwann unvermeidlich sein sollte, ist der „Homer Simpsons Effekt“. In einer legendären Folge darf Homer ein Auto gestalten, welches den Hersteller in den Ruin treibt. Zwar eine überspitze Aussage, aber mit tagesaktuellem Wert. Manchmal ist die Expertise doch wichtiger als der Preis. Schade, dass diese Regel bei Gestaltung nur schwer zu vermitteln ist.
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