Medienauslese
Das deutsche Online-Unwort des Jahres, sollte Prestigeobjekt lauten. Ein weiteres dieser Objekte wird diese Woche wohl eingestellt. Allerdings trifft es kein verhasstes Angebot, sondern ein durchaus beliebtes: Medienlese.
Zum einen sehen wir wieder bewiesen, wie schier unmöglich es ist, Popularität und subjektive Qualität in Wirtschaftlichkeit zu wandeln. Was Medienlese gemacht hat war sicherlich nicht einzigartig, aber es wurde wahrgenommen, was 2009 ein deutschsprachiges Angebot schon zum Erfolg macht. Klingt traurig und ist es auch. Es spricht Bände, wenn die Seite nun um Spenden bittet, um zumindestens die bekannteste Rubrik der Seite weiter anbieten zu können.
Zwei Dinge müssen erwähnt werden. 6 vor 9 mag zwar so beliebt gewesen sein, aber es ist jene Art Inhalt, die 2009 nicht mehr in einem Blogformat dieses Niveaus funktioniert. 6 vor 9 ist perfektes Twitter-Futter, aber nichts mehr für einen Blogartikel. Es überrascht nicht, dass man für diese Seite offensichtlich keine Anzeigen verkaufen konnte. Es ist die typische medienkompetente Klientel, bei der ein Banner noch nie funktioniert hat und nicht funktionieren wird. Verbunden mit eher medienkritischen Themen ist es sehr schwierig, dort funktionierende Werbung zu platzieren oder anders formuliert:
Aber dass die Monetarisierung vor allem kleiner, inhaltlich hochwertiger Angebote noch einige Zeit lang problematisch bleiben wird, wissen wir eben auch.
You’re preaching to the choir. Dreht man das Zitat um, kommt man auf die Erkenntnis, dass sich nur mit massenkompatiblen Schrott, einigermaßen wirtschaftlich produzieren lässt. Keine rosigen Aussichten. Ich glaube allerdings auch nicht, dass die Seite als Marke lange inaktiv sein wird, dafür ist die Seite zu gut in diversen Rankings platziert und seien wir ehrlich, es braucht nicht viel, um zumindestens 6 vor 9 weiterzuführen.
2 Kommentare
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global $hemingway ?>Naja. Da muss ich in dreierlei Hinsicht wiedersprechen.
Erstens ist der Umkehrschluß verkehrt. Denn der Ausgangsschluß läßt ja noch die Option großer, „inhaltlich hochwertiger Angebote“ als monetarisierbar offen. Sowas hat es ja stets auch im Print gegeben.
Zweitens ist das Betreiben eines Medienwatchblogs oder „Branchendienstes“ wie es im Print heißt so oder so eher eine Prestige Sache als eine wirtschaftliche Unternehmung.
Drittens muss das ja nicht schlecht sein. Ich verstehe die Verlage, dass sie das nicht witzig finden, dass ihr Unternehmensmodel jetzt den Bach runter geht. Aber grundsätzlich ist das ja nichts schlechtes. Niemand würde heute sagen, dass es schlecht ist, dass wir nicht mehr soviele Hufschmiede und Bauern haben, wie vor 200 Jahren. Hufschmiede haben wir durch Mechatroniker ersetzt und die Landwirtschaft ist viel viel effektiver geworden. Ein Bauer kann heute 10 oder 100 mal soviele Menschen satt machen, wie vor 200 Jahren. Dpa und Reuters können heute die Menschen direkt erreichen.
Es würde auch heute niemand hingegehen und behaupt, unsere Theater-Schauspieler und Museumskonservatoren würden an einer wirtschaftlichen Unternehmung mit einem Monetarisierungsziel teilnehmen. „Wirtschaft“ ist nicht der einzige Weg, die Dinge zu erreichen, die uns wichtig und wertvoll sind.
Mein Lieblingsbeispiel für ein „totes“ Medium ist die Oper, besonders in der Argumentation der ach so toten Printmedien. Niemand geht statistisch in die Oper, trotzdem existiert das Medium und genießt Prestigestatus. Auch ist es leichter in der Nische Aufmerksamkeit zu bekommen.
Ob „Brachendiensten“ nicht wirtschaftlich funktionieren können, sei mal in den Raum gestellt. Zugegeben die Spenden für 6-vor-9 sind eher symbolisch zu betrachten, aber wer hätte ernsthaft sofort am Tag der Bekanntmachung gesagt, dass so schnell die Summe erreicht wird? Offensichtlich sind Leute doch bereit für Linklisten zu zahlen, wenn der Rahmen stimmt. Ich bin mir unsicher ob es gut oder schlecht ist, dass 6-vor-9 nun auf diesem Wege weiter macht. Wird die Zeit zeigen.