10 Jahre EverQuest
Gestern vor 10 Jahren ist mit EverQuest ein Computerspiel erschienen, dass nicht nur ein Genre, sondern indirekt auch das ganze Medium prägen sollte. Ich spare mir den gestern geschriebenen 2000-Wörter-Text. Zu ausführlich, zu spielbezogen, zu langweilig.
Dieses Spiel hat mich auf ewig als Spieler geprägt. Es ist das mit Abstand wichtigste Spiel für mich und es hat meinen Blick auf das Medium radikal verändert. Ich hab Ende 1999 mit EQ angefangen und seitdem nie mehr wirklich den Geschmack an konventionellen Offline-Single-Player-Titeln gefunden.
EverQuest war das richtige Spiel zu richtigen Zeit. Es war das Ambrosia für eine Generation Spieler, die noch nicht so präsentationstechnisch versaut waren. Es war für eine Generation Spieler, für die Online nicht selbstverständlich, sondern ein purer Luxus war. Es war die Kirche für Spieler, denen Dungeons and Dragons eine Religion zu sein schien.
EverQuest war so von Makeln durchfressen, dass es indirekt so Spieler noch näher zusammen brachte. Die ersten Jahre waren pure Magie, die kein Spieler von damals jemals wieder erleben wird. Nostalgie trifft hier nicht zu. Die pure Masse an neuen Erfahrungen wird wohl kein Spielerlebnis mehr bieten können.
Es gibt noch wenige Aspekte, die EverQuest auch ganz objektiv noch heute in die Meisterklasse rücken lassen. EverQuest hat es unbewusst geschafft, die beste Community zu bekommen, die ein Spiel haben kann. Die Anzahl der deutschsprachigen Spieler war sehr übersichtlich. Spätestens im Endgame kannte man jeden deutschen Spieler seiner Klasse beim Namen.
EverQuest’s Welt war die ersten Jahre makellos. Jede Zone hatte Charakter, auch als die Welt ins Uferlose wuchs, blieben alle Orte markant. Das frühe Dungeon-Design ist selbst heute noch perfekt. Da Dungeons in EQ nicht instanziert waren, mussten sie mehreren Gruppen Platz bieten. Das Ergebnis waren weit verwinkelte Zonen über mehrere Ebenen. Es waren wirklich Zonen, bei denen ein neuer Spieler ohne Hilfe nicht mehr den Weg heraus finden sollte.
Man muss realistisch sein. Vieles was EverQuest so intensiv hat sein lassen, gilt heute als Fehler im Game Design und würde aktuelle Spieler verschrecken. Selbst die Spieler von damals sind heute älter und schlucken nicht mehr alles was man ihnen vorsetzt. EverQuest war das MMO für eine Generation, die schwere, unfaire und eigentlich schlechte Spiele genossen hat, weil es keine Alternative gab. EverQuest war das MMO für jene Spieler, die bei Mega Man selbst nach dem 30ten Versuch nicht aufgegeben haben, um bei YouTube nach Lösungen oder Cheats zu suchen.
Unvergessen bleiben Raids und Dungeon-Crawls, die einen ganzen Tag andauern. Unvergessen bleiben Momente als mein Paladin erblindende Bosse tanken musste ich ich so vor einem schwarzen Bildschirm sitzend auf die Tastatur hämmerte. Uvergessen bleiben die Dramen mit anderen Gilden, als man Nachts einen Anruf bekam, weil ein Boss vor Gilde-X zu holen ist.
War eine schöne Zeit, die aber glücklicherweise vorbei ist und sicher zumindestens bei mir einmalig bleiben wird. So fehlerhaft gut EverQuest auch immer sein mag, es hat damals als erstes Spiel geschafft eine perfekte, wirklich internationale, kleine aber feine Community zusammen zu bringen, welche dieses Spiel niemals vergessen werden.
2 Kommentare
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global $hemingway ?>Oh, gerade diesen Artikel hättest Du doch auch mal wieder gesonders gestalten können, oder? Und was für dich Everquest gewesen ist, war für mich Anarchy Online damals. Aber wenn ich dich hier zitieren darf: „you can’t bing back virginity“. Grüße aus HH!
Ich habe schon den gestrigen Tag beim Thema verschlafen. Momentan fehlt mir dann doch etwas die ZEIT (!?). Viel schlimmer noch: natürlich wollte ich für das Thema wieder den symbolischen Pinsel zücken. Als ich alte Screenshots gesucht und nix gefunden habe, war ich etwas demotiviert. Da sind einige echt wertvolle Bilder verschwunden bzw. lagern auf irgendwelchen uralten Festplatten. Mittlerweile gibt’s schicke Backupsysteme für Screenshots, aber irdgendwie hab ich damals das manuelle Speichern schleifen lassen. Wirklich zu schade, zumal auch die alten Gildenseiten nicht mehr existieren.