Massive Multiplayer Online Shooter – Reality Check
MAG (Massive Action Game) und das Halo MMO (welches seit Jahren in Entwicklung ist und welches zu 99% jenes „geheime“ Projekt ist, dass Microsoft kurzfristig für die E3 ausgehebelt hat) zeigen, wie dringend Konsolen, ihre Art des MMOs etablieren wollen. Ensemble Studio (die gerade am Halo-Strategie-Schinken werkeln) suchte1 schon vor Jahren explizit neue Leute mit MMO Erfahrung. Seitdem ist es still. Es ist keine Frage ob ein Halo MMO kommt, sondern wann.
Bei Microsoft existiert ebenfalls seit langer Zeit ein Forschungsprojekt Namens DonnyBrook. Dieses Projekt versucht ganz gezielt, jene Probleme zu lösen, die ein MMO-FPS bietet. Auf Basis von Quake 3, versucht man das Problem der potentiell steigenden Datenmengen zu lösen.
Grundlagen
Ein paar wenige Anmerkungen wie so ein MMO im Hintergrund funktioniert, müssen hier erklärt werden. Ein heutiges MMO funktioniert im ganz klassischen Server-Client-Modell, wo bei der Rechner des Spielers der Client ist, der sich mit irgendeinem Spielserver verbindet. Von nun an reden beide Rechner miteinander, tauschen Daten aus, verarbeiten diese und senden die Ergebnisse zurück zum anderem. Kommt ein zweiter Spieler auf den Server und möchte mit dem anderen Spieler interagieren, dann spielt der Server die Kommunikationszentrale. Die Spieler werden niemals direkt miteinander verbunden, jeder Datenaustausch erfolgt ausschließlich über den gemeinsamen Server.
In klassischen MMOs funktioniert dieses Prinzip noch immer relativ gut, weil bisherige MMOs eine Art Rhythmus in der Kommunikation einhalten. Man stelle sich ein Rohr vor, durch das eine ganz bestimmte Menge Wasser fließt. Um dieses Limit so gut wie möglich zu nutzen, strömt in bisherigen MMOs nicht für jeden Spieler kontinueierlich Wasser hindurch, sondern jeder bekommt ein paar Tröpfchen in synchronisiertem Rhythmus.
Dies wird an jener Stelle essentiell, wenn es darum geht große Mengen Daten für viele Spieler bereitzustellen. Raids in World of Warcraft, oder idealerweise das Battleground Alterac Valley sind hier ideale Beispiele. Auch wenn der Kampf in WoW wie in Echtzeit erscheint, im Hintergrund werkelt eine Art rundenbasiertes Kampfsystem, nur sind die Runden so kurz, dass es dem Spieler wie in Echtzeit vorkommt.
Ein pures Echtzeit-System, würde eine solche große Menge Daten/Wasser produzieren, dass die Bandbreite/das Rohr, damit überfordert wäre. Spieler würden Daten zu spät bekommen und die Kommunikation mit dem Server wäre deutlich verschlechtert: das klassische Lag.
DonnyBrook und FPS-Games
Shooter wie Halo dagegen, basieren auf einem 100%igem Echtzeit-Kampf, das braucht es auch, um die Dynamik des Genres überhaupt bieten zu können. Viel mehr noch, die reine Menge an Spieldaten, ist bei diesem Genre, um ein Vielfaches höher, als in bisherigen MMOs. Wohlgemerkt sind primär Geometrie-Daten „feiner“ zu definieren. Trefferboxen sind ein einfaches Beispiel. Ein Charakter in WoW besitzt eine einzige Trefferbox in Form eines Würfels, der den gesamten Körper umschließt. FPS-Charaktere besitzen heute viel feinere Trefferboxen, die jedes einzelne Körperteil separat umschließen. Allein hier entstehen viel mehr Daten, die es im Server-Client-Modell zu verarbeiten gilt.
Ich erinnere mich noch an erste EverQuest-Raids. Ein klassischer Exploit dort: die Z-Achse. Viele Bosse waren so programmiert, dass sie den Z-Wert von Spielern, kaum oder garnicht verarbeiten konnten, so dass man sich so positionieren konnte, dass einem die Bosse nicht trafen. Ein ganz einfaches Beispiel, wie man Bandbreite sparen kann und auch wunderschön um zu zeigen, wieso ein FPS-Games Echtzeit mit vollen Datenumfang ein Muss ist.
DonnyBrook setzt genau hier an und versucht die Datenmenge zu verringern, die in einem FPS exponentiell steigt. In der Theorie, werden bei DonnyBrook Daten nur zu 100% übertragen, für jene Spieler, die direkt im Fokus des Spielers sind. Man stelle sich folgende Situation vor. Der Spieler begegnet plötzlich 10 anderen gegnerischen Mitspielern. In der Regel kann es sich nur auf einen davon gleichzeitig fokussieren. Dessen Daten werden zu 100% in Echtzeit übertragen und verarbeitet. Die Daten der restlichen 9, werden wie bei jetzigen MMOs nur „zerstückelt“ übertragen. Die Datenlücken die entstehen, werden vom System interpoliert bzw. dann von der AI ersetzt. Wenn keine Daten der 9 Spieler lesbar sind, kommt die AI ins Spiel, die dort ansetzt, wo die letzten echten Daten übertragen wurden. Soviel zur Theorie, wie sich das in der Praxis spielt, weiß nur Microsoft, aber dieses Projekt zeigt, dass es für MMO-FPS noch enorm viele essentielle Probleme zu lösen gibt.
Spielerisches
Sony’s Ankündigung eines 256vs256 Spieler FPS, wird bei jedem, der in WoW mal ein Alterac Valley Match gespielt hat, nur ein heiteres Lächeln auslösen. Wer glaubt, dass episch-große PvP-Szenarien wirklich unterhaltsam seien, der wird eine Überraschung erleben.
Bei solchen Spielerzahlen, werden selbst menschliche Spieler zu Bots. Ein PvP-Szenario wird dann interessant, wenn man sein Gegenüber lesen kann und kennt. Wenn das Gegenüber dagegen im Sekundentakt wechselt, dann wird das den normalen Spieler nicht so unterhalten, wie in kleineneren PvP-Szenarien.
Es gab schonmal ein MMO-FPS-Hybrid und ja ich habe ihn für 3 Tage versucht zu genießen, ohne Erfolg. Zugegegen Planetside kränkelte primär am Technischen, aber auch spielerisch war es ein Rückschritt.
Sony’s MAG scheint bisher eher ein Blender zu sein. Was ich lese, gibt es keine wirklich echten 256 vs 256 Spieler Situationen. Stattdessen teilt das Spiel in kleine Gruppen auf, so dass man effektiv genau wieder in den jetzigen Spielerzahlen endet.
Unterschätzt wird auch, dass die Dynamik und Geschwindigkeit aktueller FPS bei kurzen Spielzeiten funktionieren. Wer möchte jedoch stundenlang eine FPS-PvP-Situation spielen? Niemand. Es ist schon in Team Fortress 2 ermüdend, einen Punkt für 10 Minuten zu verteidigen/anzugreifen und das bei wenigen Spielern und den besten Maps, die das Genre bisher anbietet.
Zusammenfassung
Sowohl technisch, als auch spielerisch, sind wir noch weit weg von einem unterhaltsamen MMO-FPS. Es wird kommen und es wird auch „anders“ sein, als was sich aktuelle Halo-Spieler vorstellen. Es ist eine Illusion zu glauben, man könne aktuelle FPS, einfach in den Spielerzahlen nach oben skalieren.
Allein die Bandbreite stellt ein Limit dar. Bei aktuellen FPS entstehen enorme Mengen an Daten pro Spieler. Es ist auch ein Kampf auf zwei Fronten. Während Single-Player-FPS technisch mehr und mehr verwöhnen, wird es sehr schwer werden, Konsolen-Spielern zu erklären, wieso plötzlich Dinge nicht mehr funktionieren, die sie doch schon lange kennen.
MMO-FPS werden ihren Kampf noch weiter vereinfachen müssen, was die Menge an Daten betrifft, dies hat Planetside damals schon bewiesen. Bewiesen ist auch, dass mehr Spieler nicht mehr Spaß bedeuten, sondern eher weniger. Schon ein Alterac Valley in WoW ist mit 40 vs 40 weit weniger unterhaltsam, als kleinere PvP-Szenarien.
Theorie und Praxis sind bei MMO-FPS zwei völlig verschiedene Dinge und man darf mehr als gespannt sein, wer sich hier als erstes ernsthaft versuchen wird. Ich weiß jetzt schon, dass mir ein solches Spiel nicht gefallen wird, da teschnisch und spielerisch viel zu viele Kompromisse eingegangen werden müssen.
Edge-Artikel aus dem Jahre 2006: Ensemble Talks MMO Plans. ↩
6 Kommentare
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global $hemingway ?>Interessant. Mit dem Thema habe ich mich auch schon mal auseinander gesetzt:
Gameplay von MMORPGs
Mir machen die Kämpfe von World of Warcraft, Anarchy Online usw. deswegen auch keinen Spaß weil es nur um Zahlen geht und nicht ums echte können am Pad bzw. der Maus und Tastatur. Echtzeitkämpfe wären wirklich eine Bereicherung für das Genre. Am besten natürlich nicht am PC sondern an der Konsole.
Zugegeben, dies ist auch einer der Gründe, wieso ich PvP in einem MMO bisher nicht mal mit der Kneifzange angefasst habe. Wenn ich den Wettbewerb mit anderen Spielern suche, spiele ich sicher kein MMO.
Das „echte Können“ wird in MMOs bisher halt anders getestet. Weniger der Einzelne wird beansprucht, als die Gruppe. Eines ist aber klar, es gibt nichts Vergleichbareres in anderen Genres, als in einem MMO als Gemeinschaft, ein Problem erfolgreich zu lösen. Synchron als Gruppe zu funktionieren, kann wirklich schwierig sein.
Der wahre König aller skillbasierter FPS-Games, kommt hoffentlich noch in diesem Jahr kostenlos als Browser-Spiel. Bin grad am Schreiben, gab heute einen ersten Trailer. Mein persönliches Highlight dieses Jahres, wenn es noch 2008 kommen sollte.
Das hatte ich ja glaube ich die Tage schonmal in einem Kommentar hier hinterlassen: Ich bin erstaunt, dass sich da nichts getan hat. Battlefield 1942 hatte exzellente Maps für 64 Spieler, die auch vor 5 Jahren schon astrein liefen. Und Du hast natürlich völlig recht. BF42 funktionierte, weil ich schnell in eine Partie einsteigen konnte und schnell wieder raus war. WoW-Raids mache ich gar nicht, einfach, weil ich mit nich für 4 Stunden am Stück an den Rechner ketten kann.
Ich werfe zusätzlich mal noch die strategische Komponente ins Spiel. Ich fand ja „Natural Selection“ arschgeil. Ein HL-Mod Ego-Shooter / Aufbaustrategie Crossover. Ich glaube in der Mischung ist noch Musik drin.
Das können immer weniger, drum ist das WoW-Modell auch auf einem absteigendem Ast bzw. gehört massiv verändert. Von den 4 Stunden bleiben effektiv vielleicht 50% reiner Spielzeit. Der Rest ist Warten, Planen, Koordinieren, Zuhören. Ich bin wieder von Team Fortress geleutert, was effektive Spielzeit betrifft: Server wählen, 20 Minuten Gegner von der Sentry-Gun nerven lassen, ausloggen, fertig. Herlich.
Diese WoW Änderung zu 100% 10er Raids ist auch darum ein Traum. 9 andere finden die nicht jedes mal ewig zu spät kommen und sich dann erst einlesen müssen, ist kein Problem. 24 dagegen fast unmöglich.
„Diese WoW Änderung zu 100% 10er Raids ist auch darum ein Traum. 9 andere finden die nicht jedes mal ewig zu spät kommen und sich dann erst einlesen müssen, ist kein Problem. 24 dagegen fast unmöglich.“
Wenn ich denke wie damals bei der Umstellung von 40er auf 25er Raid alle gejammert haben ist diese Erkenntnis nicht hoch genug anzusiedeln 🙂
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