Grand Theft Auto 4
Zwar habe ich mir selbst kein GTA4 gegöhnt, aber ich habe ein Opfer gefunden, das mir einen Einblick ins Spiel verschafft hat. Ich würde ihn hier gern verlinken, aber es gibt doch wirklich noch Menschen ohne eigene Website. Skandal.
Eigene Spiel-Zeit: knapp über 2 Stunden. Beim Speielen zugeschaut: weit über 3 Stunden. Dem vorherigen GTA-Eintrag möchte ich an dieser Stelle einen Zusatz verpassen. GTA4 ist noch immer nicht meine Ideal-Vorstellung des Mediums, allerdings erkenne ich langsam den Wert dieses Spiels, hinter der Fassade aus anstössigen Inhalten. Ich bleibe dabei, GTA ist so populär und erfolgreich, weil es Sex und Gewalt bietet und beides sogar in Kombination. Es werden mehr Spieler davon schwärmen, welche virtuellen Greultaten sie in GTA begehen können, als die wahren Stärken dieses Spiels zu entdecken.
Fraglich ist, ob GTA ohne diese Ebene des Anstoßes erfolgreich wären. Spielerisch funktioniert GTA4 auch ohne diesen Unrat, bleibt dann jedoch im Kern das gleiche GTA, dass man schon 1996 spielen konnte. Spielerisch eigentlich altbacken.
Grandios ist eine kleines aber essentielles Element des Spiels. GTA4 zeigt, wie die Zukunft für virtuelle Charaktere aussieht. Der Protagonist und eine wenige Nebencharaktere sind das Beste, was ich bisher an der Inszenierung virtueller Charaktere gesehen habe.
künstliche Welten
Technisch ist GTA4 solide. Man erkennt deutlich die Eingeständnisse der Engine und der Art Direction. Das Spiel gewinnt keine Preise für die Optik, aber hoffentlich für die Engine selbst. Die virtuelle Umgebung ist perfekt inszeniert und macht mich als MMO-Spieler neidisch. Besonders die NPCs interagieren beeindruckend mit dem Spieler. Da floss mächtig viel Arbeit in die AI.
Gerade weil GTA4 so gut funktioniert, leidet es im Ansatz unter dem Effekt des Uncanny Valley. Kleinigkeiten, die woanders niemals auffalen würden, machen hier den sonst so perfekten Eindruck der virtuellen Umgebung kaputt. So ist zum Beispiel nicht jede Tür im Spiel zu öffnen. Ok das mach irgendwo Sinn. Dumm nur, dass man solche Türen dann einfach nur als Blockade nutzt. Es gibt da eine unglaublich schicke Spielhalle. Jeder Spieler versucht da sofort rein zu kommen… ohne Erfolg. Ein Motorad-Helm ist ein weiteres Detail. Steigt der Protagonist auf sein Bike setzt er einen schicken Helm auf und wirft ihn weg, wenn er absteigt. Der Helm verschwindet nach wenigen Sekunden. Wer erneut auf’s Bike steigt zaubert einen neuen Helm aus dem Hut, der plötzlich anders aussieht. Sicherlich ein Detail, aber ein kleines mit großer Wirkung. Hier wird wunderschön demonstriert wie schwierig es ist, virtuelle Welten realistisch und glaubwürdig darzustellen, ohne den Spieler aus der Illusion zu reißen.
mehr Charakter
GTA zitiert von der ersten Sekunde an Jahrzente der Filmgeschichte Hollywood’s. Es gibt quasi eine 1:1 Umsetzung der legendären Verfolgungsjagd aus French Connection. Da musste ich wirklich kurz völlig beeindruckt schweigen. Die Stärke des Spiels für mich persönlich ist die Darstellung der Charaktere. Rockstar nutzt hier gekonnt oder unbewusst, den Vorteil des Mediums im Vergleich zum Film.
In einem typischen Film gibt es Szenen, die nötig sind, um einen Charakter funktionieren zu lassen. Ein Film hat hier zum einen immer einen begrenzten Zeitrahmen und zusätzlich die Zensur bzw. den gesunden Menschenverstand. Beispiel: In einem Kinofilm wird man nur sehr schwer minutenlang den betrunkenen Protagonisten darstellen können. Zum einen langweilt dies den Zuschauer recht schnell, zum anderen gibt es sinnvollere Szenen als solche.
Nun ist GTA kein Film, sondern ein Videospiel und was in Filmen selten funktioniert, wird in GTA4 zum Werkzeug, die Charaktere zu zeichnen. Spielerisch ist es eigentlich belanglos den torkelnden Niko durch die Straßen zu lenken. Für die Inszenierung des Charakters ist sowas pures Gold. Das ist die Zukunft des Mediums. Es ist eigentlich lächerlich aber es funktioniert perfekt.
politisch korrekt
Satire. GTA4 ist ein einzig überzeichneter Cartoon. Ein runder Kreis, allerdings mit seltsamer Zensur und gleichzeitiger Überzeichnung. Ein Charakter im Spiel wird von der ersten Sekunde an als Macho-Schwein vorgestellt. Während man in einem normalen Film aus Dialogen heraus einen solches Bild erkennen muss, gibt’s in GTA volle Breitseite. Der Spieler geht nicht nur in virtuelle Strip-Schuppen, es gibt nicht nur die passenden obszönen Dialog, nein auch die manuelle Kameraführung zwischen den Beinen der Tänzerin samt vibrierendem Kontroller des Spielers. Das ist keine ungesunde Dosis, das tötet ein dutzend Probanten.
Gleichzeitig zensiert man jedoch an anderer Stelle. An den Wänden der Wohnung des obigen Charakters hängen natürlich Poster mit der Abbildung von Frauen. Hier jedoch kneift man dann wieder den Schwanz ein und gibt den Damen auf den Postern genug Stoff mit, um sensible Zonen zu bedecken. Soviel zum „erwachsenen“ Medium. lapdance vs nipple
Apropos Frauen. Von Anfang an dürfte das Spiel die potentielle weibliche Spielerschaft abschrecken. Das Frauenbild im Spiel bedient ganz bewusst die Zielgruppe. Nicht ein weiblicher Charakter des Spiels, von dem was ich so sehen konnte, kann dem üblichen Klischè entrinnen. Anstößig ist noch zu nett formuliert.
Leinwand, Farben und Pinsel
GTA4 sind für mich die perfekten Zutaten, mit denen das falsche Gericht zubereitet wurde. GTA4 ist Robert DeNiro als Darsteller einer viertklassigen Seifenoper, was nicht die Story in GTA4 abwerten soll. Ich wünschte mir nur, man hätte eine Geschichte erzählt, die mehr Zuschauer findet, als die 14 bis 24 jährigen männlichen Hardcore-Fans, die auch ein Problem haben dürften, Satire und Ernst der Handlung, zu jeder Sekunde unterscheiden zu können.
Das Spiel schafft es so eindrucksvoll eine künstliche Welt zu inszenieren, dass ich mir einfach eine Umgebung wünschte, die man nicht mehr in der Realität sehen kann. Auch wenn die Optik im Detail schwächelt, so ist das Gesamtbild wunderschön.
GTA4 ist die Zukunft für virtuelle Charaktere. Nirgendwo findet man derzeit einen greifbareren Protagonisten, leider in einer doch irgendwo banalen Geschichte. Ich lese immer wieder, wie Film-Kritiker dieses Medium Videospiele angreifen, es könne keine echten Gefühle wecken, wie Filme es seit Jahrzenten realisieren. GTA4 deutet an wie falsch diese Theorie ist, gleichzeitig gießt es Öl ins Feuer der Kritik, in dem es einen Frauenbild bietet, dass veraltet und politisch unkorrekt, die Zuschauer befriedigt.
Das Spiel zeigt auch wie das Medium noch immer in den Kinderschuhen steckt und wie wichtig es wäre, erfahrene Film-Leute ins Boot zu holen. GTA4 zeigt, wie das rein Spielerische des Mediums in den Hintergrund rückt, wenn nur die Inszenierung so wenige Makel besitzt. Für mich ist GTA4 schon jetzt mehr Film als Spiel. Ob das jetzt eine Kritik oder Lob ist, muss jeder für sich entscheiden. Wenn die Schlagwörter der Handlung nicht mehr Gewalt, Kriminalität, Sex, Drogen, und Autos lauten, dann könnte es Rockstar schaffen, das Medium wirklich in ein neues Licht zu rücken, wahrscheinlich wird man dafür aber ein neues Franchise brauchen.
4 Kommentare
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global $hemingway ?>…und manchmal gibts das auch schon günstiger! GTA IV für PS3 und XBox für 49,90 Euro bei Preisbock.
[…] mich im Bedarfsfall bis an die Zähne. Raketen gibts in Nordkorea, da kauft sie mir auch keiner schnell weg, weil keiner hin will. […]
also GTA5 mit einer story von tarantino, mit starken frauen-figuren?
Ehrlich gesagt sehe ich ein GTA5 eher in Richtung World of GTAcraft gehen. Das Spiel hat bereits alle Komponenten eines MMO. Nun haben sie sogar die ersten PvP Elemente drin, da fehlt eigentlich nicht mehr viel. Ein GTA MMO ist eine sichere Linzens zum Gelddrucken. Es wird kommen, nur fraglich ist, ob sie es separat verkaufen oder direkt als Sequel bringen.
Einen ähnlichen Weg wird wohl auch Blizzard’s next generation MMO werden. Es wird ein Diablo III. mit zwei Spielen in einem: klassischem Single Player Offline und MMO.