Madonna’s Hard Candy – ein Spiegelbild der Musikindustrie
Gestern also erschien bei iTunes das neue Madonna Album. Nach mittlerweile zweimaligen Anhören wollte ich ein paar Zeilen dazu schreiben. Hard Candy ist die materialisierte Schieflage der Musikindustrie. Das Album ist weit davon weg, sowohl Schrott zu sein, als auch noch weiter davon entfernt in 10 Jahren noch erwähnt zu werden. Hard Candy ist Madonna’s letztes Studio-Album bei Warner Music. Bald dreht sie allen großen Labels den Rücken zu und wird von einem Konzertveranstalter vermarktet. Um vorher nochmal ordentlich die Kasse zu füllen, ist Hard Candy so geworden, wie es nun ist.
Das Album nahm schon vor langer Zeit seinen Lauf. Für Live Earth hat Madonna Hey You von den Neptunes produzieren lassen. Der Song wurde von allen Seiten zerissen und war kommerziell nicht zu platzieren. Also nahm man wohl Abstand vom Weg den Hey You einschlagen sollte und ging den Weg, den Pop-Musik seit mehr als 2 Jahren verfolgt: Timbaland.
Zwei Produktionsteams prägen das Album. Timbaland (samt Zögling Danjahands, der allein viel besseres Material liefert) sowie The Neptunes, oder besser gesagt nur eine Hälfe der Neptunes. Chad Hugo wird im Booklet nicht erwähnt. Beide Produktionen fingen übrigens vor Jahren mal zusammen an und kopieren mittlerweile munter beim anderen.
Musikalisch finden wir die letzten 2 Jahre der Musik zur Synthie-Essenz verkocht. Das Album geht unter in einer Welle aus Snares (was immer so klingt, als ob sich jemand die Nase putzt), Synthesizern und auf dreckig getrimmte Drums. Die Timbaland-Produktionen sind Tiefpunkt des Albums und haben Null Bezug zum Künstlers.
Zwei Neptunes-Produktionen ragen für mich heraus: Heartbeat und Incredible. Apropos Namen. So generisch wie alle Titel benannt sind, klingt das gesamte Album.
Ich bin jetzt nicht der große Madonna-Fan, aber auch wenn Confessions nicht perfekt war, es ist ein Album mit Charakter. Charakter sucht man auf Hard Candy vergeblich. Das Schreckliche ist, dass Hard Candy toll klingt. Es ist grausam wie präzise Musik heute planbar und konstruierbar ist. Das Album wird sich wie blöd verkaufen, genau weil es eine Nachfrage bedient: substanzlose Tanz-Musik, technisch perfekt mit Klingelton-Garantie und makellos funktionierenden Hooks.
Es ist was es ist. Ein fehlerloses Tanz-Album mit Madonna auf dem Cover. Es ist der letzte Cash-In von Warner Music, ein weiteres Werk im Portfolio von Timbaland und genau der Grund, wieso Briefe wie dieser völlig lächerlich sind. Dieses Album hätte man auch vor zwei Jahren genauso veröffentlichen können. Musikalisch altbacken. Kommerziell im Trend. Die Quadratur des Kreises.
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