Deutschland 2007 – ein Eklat im Herbst
Fassen wir kurz zusammen. Eine TV-Moderatorin und Sprecherin der Tagesschau schreibt ein Buch. Die Kernaussage des Buches scheint ein Frauenbild zu zeichnen, dass einem modernen Industrie-Staat mit einer Kanzlerin an der Spitze, nicht zu gefallen scheint. Um ihr Produkt zu verkaufen muss sie es bewerben und drüber sprechen. Bei der Promotion für das Buch zitiert die Autorin ein geschichtliches Buch mit sieben Siegel und öffnet so die Büchse der Pandora. Als populäre Persönlichkeit und in der Medienwelt zu Hause, offeriert man ihr mit dem Auftritt in einer TV-Sendung des ZDF’s die Chance, Demut zu zeigen. Sie ergreift den Strohhalm nicht und wird daraufhin als Gast der Sendung verabschiedet. Das Reisserblatt der Nation pusht die Vorabzeichnung dieser Sendung mit einer aufgebohrten Schlagzeile und macht auch heute noch mit dem Thema auf. Das Thema ist primär ein gefundenes Fressen für Deutschlands Intellektuelle. Der kleine Mann auf der Straße hat andere Sorgen, als irgendein deplaziertes Zitat einer ehemaligen Tagessschau-Sprecherin.
Was wir hier perfekt inszeniert bekommen ist Deutschlands Hass-Liebe mit derartig angesiedelten Skandalen, die keine sind. Die Akte „Eva“ dient erst einmal immer noch dem Verkauf von Zeitungen und dem Gewinn von Zuschauern und Lesern. Wer heute einmal das Thema googled wird mit weit über 44000 Links belohnt, wirklich jeder versucht sich am Thema. Es scheint gerade so, als ob etliche Schreiberlinge auf so ein Ereignis gewartet haben.
Der eigentliche Grund des Anstoßes geht dabei völlig unter. Vielmehr wird das Wie kommentiert, weniger das Warum. Dabei hätte Deutschland eine objektive Diskussion um seine Vergangenheit bitter nötig. Noch immer scheut man sich die eigene Vergangenheit, ohne das hypothetische Messer im Rücken, zu betrachten.
Mein Opa feiert heute seinen 82. Geburtstag. Er wurde als junger Bengel in den Krieg geschickt, zog sich in Italien eine schwere Verletzung zu und endete schließlich mehrere Jahre in einem englischen Kriegsgefangenen-Lager. Stellt man ihm diesen heutigen „Eklat“ vor, dann darf man da eine andere Reaktion erwarten, als die der sabbernden Redakteure diverser deutscher Medienanstalten und Zeitungen.
Deutschland ist darauf konditioniert, wie es mit seiner Vergangenheit umzugehen hat. Prangt auf dem Spiegel das Konterfei Hitlers, dann steigt der Absatz. Vermutlich liebt es der Deutsche immer wieder im konditionierten Denken reaktiviert zu werden. Generation für Generation vertut man die Chance auf ein echtes Verarbeiten der eigenen Geschichte.
Was Eva Herman nun ausgelöst hat, ist einfach die Erinnerung daran, dass auch lange nach 1945 der Patient Deutschland, die Besuche beim Psychotherapeuten geschwänzt hat, vermutlich aus Angst seine wahre Seele zu finden, um anschließend befreit die Praxis zu verlassen.
Insofern liegt im Auftritt Hermanns ein gewisser Funken Wahrheit, wenn sie erwähnt, dass es in Deutschland schwierig ist, öffentlich über etwas anderes zwischen 1933 und 1945 zu reden, als etwas Negatives. Das Ausland macht es uns vor und kann Sätze schreiben, die nicht mit dem Wort Holocaust enden, ohne dafür ins rechte Lager gerückt zu werden. Wie viele Generationen möchte man noch per Schulbuch auf Selbsthass konditionieren, nur weil man unfähig ist, sich von den vergangenen Generationen zu distanzieren. Nur weil jemand als NS-Historiker in einer TV-Sendung sitzt, heißt das nicht, dass seine Scheiße nicht stinkt. So ungefähr versucht man gerade das Gesellschafftsbild Deutschland’s moralisch zu festigen. Ein Armutszeugnis.
0 Kommentare
Für diesen Eintrag wurden die Kommentare geschlossen.
global $hemingway ?>