Webseiten-Layout wie bei Zeitungen – häh?
In den letzten Wochen scheint auch wirklich jeder auf den grid-based webdesign-Zug aufzuspringen. Wir bekommen komplette CSS-Frameworks geliefert, deren Sinn eigentlich jeder in Frage stellt, aber es liegt eben im Trend. Passend dazu kommen auch erste Details zu CSS3 ans Tageslicht die u.a. auch in einem Golem-Artikel angerissen worden, unter der Überschrift: „CSS3 Grid Layout: Webseiten-Layout wie bei Zeitungen“
Leider übersieht man bei diesem im Ansatz durchaus netten Versuch ein winziges aber essentielles Detail. Worin liegt der grundlegende Unterschied zwischen Print und Non-Print? Das eine besitzt im Endprodukt immer das gleiche Format, das andere eben nicht. Beweis-Stück A:
A brief message ist ein kleines neues Projekt vom Design Director der nytimes.com und einem offensichtlich Zeloten vom klassischen Print-Design. A brief message ist der Versuch mehr „print“ ins Web zu bringen. Das Ergebnis sind kurze hübsch illustrierte und individuelle mit CSS gestaltete Artikel. Es gibt da nur einen kleinen Haken, neben der Tatsache, dass wirklich jeder Artikel ein separates Style-Sheet braucht. Die Text-Länge dieser Artikel ist sehr begrenzt. Wieso? Beweis-Stück B:
Hier ein an sich sehr hübscher Artikel der Apple-Seite. Eigentlich wunderschön umgesetzt oder nicht? Rot im Bild markiert der eigentliche „wie bei Zeitungen“-Text. Die Höhe dieser roten Fläche entspricht bis aus letzte Pixel, der Höhe eines maximierten Broser-Fensters bei einer vertikalen Höhe von 1024 Pixeln. Wehe man benutzt hier eine kleinere Auflösung, dann scrollt man sich den Finger ab, beim Versuch dem Inhalt des Textes zu folgen.
CSS3
Was CSS3 nun versucht läuft gezielt darauf hinaus, dass man diese tollen neuen Funktionen wieder nur mit üblen Einschränkungen nutzen kann. Wer seine elektronische Zeitung layouten möchte, tut dies wie im Print, für ein ganz striktes Format. Alles was diesem nicht entspricht, funktioniert dann so toll, wie dieser Apple-Artikel.
Der Versuch Inhalte so wie im Print zu präsentieren, wird niemals makellos funktionieren. Inhalte im Web verändern sich viel zu häufig, um wie einfache Zeitungs-Inhalte behandelt zu werden. CSS hat jetzt schon echte Probleme mit der Vertikalen und diese ist ein Grundpfeiler für jedes funktionierende Grundraster. Wann ist die Spalte zu Ende? Was muss der Text in die nächste umbrechen? Zugegeben die Idee ist verlockend, aber sie bringt mehr Probleme mit sich, als sie löst. Es ist wirklich furchtbar diesen Text, der Apple-Seite, in einem dafür zu kleinem Fenster zu lesen. Nicht jeder hat ein 30-Zoll-Display, ein auflösungsunabhängiges OS und die wenigstens Nutzer maximieren ihr Browser-Fenster.
Ein weiterer Nebeneffekt wird der immer aufblähendere Quellcode. Wer diese beiden Beispiele mal näher betrachtet entdeckt Quell-Code, der deutlich verschachtelter ist, als üblich.
Um dem Ganzen sicherlich verfrühten Thema etwas Positives abzugewinnen: Layout im Web könnte dadurch noch komplizierter (zeitaufwendiger) werden. Man braucht dann sicherlich zukünftig drei separate Stylesheets: das klassische Jetzige für alle Auflösungen, eins komplett gelayoutet für eine anvisierte große Auflösung, sowie eins für mobile Geräte im Stil des iPhone. Besonders die jeweils aufwendigeren Versionen, werden wie schon jetzt bei A brief message, ein individuelles Stylesheet benötigen. Über mehr Arbeit sollte man sich eigentlich nicht beschweren, sofern sie bezahlt wird.
Ich möchte gern mal einen langen Netz-Artikel in diesem Stil sehen, mit aufwendigen Bildern wechselnder Größe. Dann braucht es für jeden einzelnen Artike jemanden der ihn wie im Print „setzt“. Vorbei sind Zeiten, wo man seine Daten ins CMS eingibt und sorglos veröffentlicht. Was sich hier anbahnt, ist ein Rückschritt in punkto Komfort beim Veröffentlichen neuer Netz-Inhalte. CSS-Templates werden sicherlich ein Thema.
3 Kommentare
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global $hemingway ?>Kann mir eigentlich jemand mal erklären, warum Webseiten unbedingt „wie Zeitungen“ aussehen müssen, obwohl dies ein völlig anderes Medium ist?
Ich kann doch auch nicht von der Tageszeitung verlangen, oben rechts das aktuelle Tagesdatum einzublenden, nur weil ich die Zeitung nach Mitternacht lese ^^
Nach meiner (ziemlich bescheidenen Erfahrung) ist sind HTML Werkzeuge nicht besonders gut dafür geeignet ein derartiges Layout hinzubekommen, diejenigen die das dann doch hinbekommen, machen dies meist mit nicht ganz trivialen Tricks die doch ziemlich in die Tiefe gehen … hust
Hauptsache gut lesbar, an 2. stelle dann das Design (ich für meine Teil nutze Webseiten wegen der Information nicht wegen dem Design).
Wenn es vernünftig gemacht wird, dann können Websites mit Zeitungs-Layouts das Lesen wesentlich erleichtern. Meiner Meinung nach ist CSS sowieso noch überhaupt nicht ausgereift, denn eine Trennung von Inhalt und Design erfolgt immer noch nicht. Je nach Aufwand und Komplexität des Designs spiegelt sich das auch in den vielfach verschachtelten div-Containern wider – diese Erfahrung musste ich gerade erst wieder machen: fürchterlich. Und andere Sachen sind wiederum nur mit Javascript zu lösen. Ich bin da ja eher für eine einheitliche, saubere Scriptsprache, also quasi eine Mischung aus JS und CSS.Um auf Zeitungs-Layouts zurückzukommen: Ich habe mal irgendwo eine Seite gesehen, die das eigentlich verdammt gut gelöst hatte.
Habe Deinen Artikel vor einen paar Tagen gelesen und kommentiere jetzt aus den Gedächtnis heraus. Also bitte nicht so sein wenn ich da was falsch einsortiert habe.
Du bemängelst die zunehmende Komplexität durch CSS 3, aber es ist wohl klar, dass man mehrere Stylesheets benötigen wird. Wenn der Kunde es sich leisten kann oder möchte, dann soll er halt auch noch ein Stylesheet für Spaltenlayouts à la Zeitung bekommen, wen interresierts? Grundsätzlich kann man doch nicht bemängeln, dass der neue Standard einem mehr Mittel an die Hand gibt um Webseiten zu gestalten. Solange man eine Fallback-Variante einplant und die accessibility beachtet, gibt es kein echtes Argument dagegen.