mal wieder die bösen Killerspiele
Dejavu. Dies war mein erste Gedanke, bei der Nachricht eines weiteren Amkolaufs an einer deutsche Schule. Schon bei den ersten Meldungen war sowas von klar, dass die Medien und die Politik wieder nach bösen Filmen, und Killerspielen sucht, damit man der Öffentlichkeit auch schnell einen sachlichen und einfach zu schluckenden Buhmann präsentieren kann.
Wenn eine solche Diskussion aufkommt, ruft das immer eine bestimmte Erinnerung eines Italienurlaubs hervor. Das ist nun sicherlich schon 10 Jahre her. Dort gab es an einem normalen Zeitungskiosk für jeden zugänglich (damals noch VHS) Filme und Spiele, nett kombiniert mit einer Zeitschrift, die bei uns in Deutschland seit Urzeiten verboten/indiziert/beschlagnahmt sind und wir reden hier nicht über Filme wie Evil Dead sondern wirklich Heftiges. Wie wir wissen, führt das in Italien zu täglichen Schulmassakern… oder auch nicht.
„Oh er hat Rammstein gehört, na dann ist alles klar.“ „Achso er hat Killerspiele konsumiert, das eklärt einiges.“ „Schuld waren gewaltverherlichende Videos.“
Ich freue mich schon wieder auf die sicherlich nun kommenden Fernsehdiskussionen, wo die Blinden versuchen über die Farbe zu argumentieren. Meistens stellt man es so dar, dass aus dem niedlichen ruhigen kleinen Jungen, der stillschweigend und völlig frei von Gedanken, durch die bösen Medien zu einer Kampfmaschine gemacht wird.
Was mich eigentlich stört ist die Stigmatisierung von gesamten Mediengenres, als Übel für das Versagen einer kompletten Gesellschaft, bei Bildung und Erziehung seiner Jugend. Was in Deutschland fehlt ist eine Lobby für jene stigmatisierten Medien, eine nüchterne wirtschaftliche Lobby wie sie im Ausland existiert, weshalb auch niemand nur auf den Gedanken einer Zensur käme, nicht nur weil es inhaltlich sondern auch wirtschaftlich einfach falsch ist.
Als jemand der seit mehr als 10 Jahren sehr viel davon konsumiert, was nun als Grund allen Übels deklatiert wird, gebe ich zu, dass Filme und Spiele dieser Art eine gewisse visuelle Abstumpfung hervor rufen können und mehr auch nicht.
Jene visuelle Desensibilisierung wird nun als „sinkende Hemmschwelle“ verkauft, auch das ist völliger Schwachsinn. Jene fleißige Arbeiter im Schlachthaus, die im Minutentakt Rinder und Schweine töten und zerlegen sind auch keine potentiellen Amokläufer. Die Glorifizierung und Stilisierung von Gewalt ist sicherlich ein zu diskutierendes Thema. Fakt ist für mich, das ein steriles am Bodenliegen eines sonntäglichen Tatortopfers gefährlicher ist, als eine realistische Gewaltdarstellung. Gewalt ist hässlich und wenn man sie zur Unterhaltung nutzt, dann bitte ungeschönt.
Thomas Wanhoff bietet ein paar Auszüge aus dem Livejournal-Blog des Täters und erstaunlicherweise findet man kaum eine Zeile, die eine Fokussierung auf Video-/Computerspiele beinhaltet, stattdessen deutlich emotionale Zeilen die von einer verletzten Seele zeugen. Wer die Tagebücher der Columbine-Schützen gelesen hat, wird deutliche Unterschiede erkennen.
Leider verbieten es die Gesetzte, aber statt sich mit naiven Killerspiel- Argumenten aus der öffentlichen Diskussion zu ziehen, sollte unsere Politik und die Medien solche Texte veröffentlichen, statt eine Veröffentlichung möglichst gut zu unterbinden. Hier liegt keine simple Schwar-Weiß Diskussion vor, sondern ein Thema mit unendlichen vielen Grautönen.
Wie kann man im Jahre 2006 auch nur auf die Idee kommen, Medien in Deutschland unzugänglich machen zu wollen? Heute kann sich jeder jeden Film, jede Software und jede Musik aus dem Internet besorgen, sei es über legalen Versand oder illegalem Download. Kein deutscher Politiker wird daran jemals was ändern können. Verboten gehören soziale Kälte und Nischenbildungen und keine furchtbar betitelten Killerspiele.
Immer wieder frisst man sich hier an simplen Lösungen fest und fragt woher der aktuelle Täter Waffen und Sprengstoff bekommen hat. Niemand stellt die Frage wieso er langsam aber sicher der Wert des Lebens verloren hat. Nur darum geht es und nicht um Details.
7 Kommentare
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global $hemingway ?>Da bleibt mir nichts, als ein /signed. Habe gestern ein Interview mit dem Niedersächsischen Innenminister gehört. Mir den Inhalt wortgenau wiederzugeben, fehlt mir jetzt die Lust, aber alles was dort stattfand, war rein politisches profilieren. Da wurde nicht sachlich argumentiert.
In seiner geistigen Schärfe, merkte er sogar an, dass es bei den Verbrechen in Emsdetten/Erfurt parallelen gebe…“beide Jugendlichen hätten „Killerspiele“ auf ihrem Rechner, und da können ihm psychologische Gutachter sagen was sie wollen, dass sei nunmal Fakt“.
Das ganze bestätigt nur meine persönliche Meinung über „Berufspolitiker“, aber das würde jetzt zu weit führen und würde den grausigen Vorkomnissen nicht gerecht werden. Aber kein Wunder, dass gut qualifizierte Arbeitskräfte auswandern. Wer noch klar denken kann, den kann hier aber auch wirklich nichts mehr halten. Gar nichts.
Immer wieder frisst man sich hier an simplen Lösungen fest und fragt woher der aktuelle Täter Waffen und Sprengstoff bekommen hat.
Das war auch die erste Frage die mir dazu in den Sinn kam. Anstelle sich erst einmal diese Frage zu stellen wird erst einmal ein medienwirksamer Buhmann gesucht um sich in einschlägigen Polittalkshows zu profilieren.
Und was bitte ist denn ein Killerspiel? Ein Spiel das tötet? Für mich das Unwort des Jahres.
Es steckt halt in Vielem ein Körnchen Wahrheit – unter anderem auch in der Behauptung, „Killerspiele“ würden Mörder und Amokläufer heranzüchten.Auch wenn die versammelte Community an CS Veteranen, Nerds und Computerfreaks anderweitig argumentiert – es ist nun einmal Fakt dass PC, DVD und Internet – und damit auch die damit verbundenen Medien – einen Einfluss auf Dich, auf mich, auf uns alle haben.
Ich bin nicht der Meinung, dass man kategorisch ausschliessen kann, dass Medien gleich welcher Art einen Einfluss auf die Psyche haben – im Gegenteil, ich halte es für äusserst wahrscheinlich und plausibel. Empirische Beispiele könnte ich anbringen, die werden aber wohl kaum etwas nützen (da ja auch nicht wissenschaftlich-statistisch erhoben), zumal man mir durchaus berechtigterweise vorwerfen mag, nur mit dem Bodensatz der Menschheit Umgang zu pflegen.
Sei es wie es sei – die spezielle Klientel, die in den letzten Jahren offensichtlich zumindest latent zur Gewalt neigt, überschneidet sich seltsamerweise wenigstens ein wenig mit den berühmt-berüchtigten CS-Kiddies, den Emo-Nerds, den Ritzern, den MMORPG’lern.
Bleibt die Frage: Ziehen diese Spiele solche Leute an, oder produzieren sie sie?Meiner Meinung nach: Mal so – mal so. Natürlich wird nicht jeder, der CS spielt, zum Gewalttäter, bei dem Vlad der Pfähler anerkennend die Unterlippe vorschieben würde, auf der anderen Seite ist es geradezu vermessen, zu behaupten, dass Spiele, die explizit mit Gewalt zu tun haben (und die täglich mehrere Stunden lang „konsumiert“ werden) absolut keinen Einfluss auf Habitus und MO von gerade Heranwachsenden haben (CS-Uberroxxor-Kiddies wurden schon genannt – man sieht, es kommt sogar so häufig vor, dass man einen eigenen Slang-Ausdruck geprägt hat).Konditionierung nennt man das – altbekannt, man stumpft ab.
Weitere Studien müssten folgen – verbieten wird man das Ganze sowieso nicht können, denn sich zwischen Nerds und ihre Spiele oder Pornos zu stellen, ist selten eine von Erfolg gekrönte Idee.
Ich bin nicht der Meinung, dass man kategorisch ausschliessen kann, dass Medien gleich welcher Art einen Einfluss auf die Psyche haben – im Gegenteil, ich halte es für äusserst wahrscheinlich und plausibel.
Diesen Aspekt mag auch sicherlich niemand bestreiten. Ich sage sogar noch, dass jemand als Mitglied in einem Waffenverein, ein Counter-Strike anders bewertet, als jemand der noch nie eine Waffe in Händen hielt.
Deutschland besitzt als Land mit den strengsten Medien-Zensuren aller westlichen Länder, mit Erfurt weltweit den traurigen Höhepunkt solcher Schulmassaker und das eben trotzt Indizierungen, Zensur und strikten Waffengesetzen. Man muss doch erkennen, dass hier Faktoren eine Schlüsselrolle spielen die man a) nicht kontrollieren kann oder b) nicht kontrollieren möchte.
Bleibt die Frage: Ziehen diese Spiele solche Leute an, oder produzieren sie sie? Meiner Meinung nach: Mal so – mal so. Natürlich wird nicht jeder, der CS spielt, zum Gewalttäter, bei dem Vlad der Pfähler anerkennend die Unterlippe vorschieben würde, auf der anderen Seite ist es geradezu vermessen, zu behaupten, dass Spiele, die explizit mit Gewalt zu tun haben (…) absolut keinen Einfluss auf Habitus und MO von gerade Heranwachsenden haben (…).
Jeder emotional- und sozial gefestigte Jugendliche, kann die noch so gewaltverherlichenden Spiele und Filme konsumieren und wird dennoch gefahrlos durch die Welt schreiten. Allerdings erfordert dies eine solide Erziehung, etwas was dem aktuellen Täter sicherlich wie den anderen auch, gefehlt hat. Eine noch so strenge Medienzensur kann Versäumnisse im Elternhaus nicht wett machen. Hier bekämpt man nur Symptone aber keine Ursache.
Was man nun fragen darf ist, ob Medien eine erzieherische Aufgabe besitzen müssen und auch diese Frage beantworte ich mit nein.
99,9% aller Attentäter aßen zum Frühstück Brot, Zocker vordern: „Verbietet Brot!“
Ich finde es lächerlich das wieder alles auf „Killerspiele“ geschoben wird. Denn es ist ganz klar, wer sich für Gewalt interessiert wird auch entsprechende Spiele spielen und Videos schauen.
Die WoW-Zocker haben ja einen vorteil, sie würden schneller gefasst und könnten weniger anrichten, denn es ist leichter eine Pistole zu verstecken als auch fettes Zweihandschwert ^^
Spaß bei Seite, ich bin kein Psyschologe, dennoch denke ich nicht das Spiele wie CS und ähnliche Killer züchten. Sie biten lediglich eine Plattform, auf der diese ihre Aggresionen ausleben können. Ich denke nicht das es was bringen würde, Ihnen diese zu nehmen, man sieht ja ach immer wieder Brutalität auf den Straßen von Leuten die kein CS… spielen
Ich werde vorschlagen das Wort „Killerspiel“ auf unserer HP als neues Unwort zu nominieren, bisher waren dies Worte wie „feste Randoms“ und überraidet“…
MfG
So langsam glaub ich echt, dass wir seelenverwandt sind Herr Mücke… denn über die 700-Stalker-im-StudiVZ-Geschichte bin ich auch just gestern gestolpert :>
Gleiches galt für einen Artikel zum Thema Unwort des Jahres: Killerspiele.
Nun ja… wie dem auch sei: das T4 hatte ich auch schon am Zwergen gesehen und freue mich schon tierisch drauf. So stell ich mir mein kompakt-heiliges Bollwerk vor.
~Glyx
Zu dieser Problematik müssen wohl 2 Diskussionsstränge unterschieden werden.
Haben „Killerspiele“ Einfluss auf Handlungen von Personen im sog. RL? (Der Begriff „Killerspiele“ soll nur als Arbeitsbegriff verstanden werden)
Wie sind die Reaktionen der institutionalisierten öffentlichen Meinung einzuordnen?
Meine Auffassung:
zu 1: Unter ungünstigen Umständen haben „Killerspiele“ Einfluss auf das Erleben des und das Handeln im RL. Das Faszinierende an Games ist ja letztlich der Umstand, dass der Spieler eine Rolle einnehmen kann, die er im RL nicht ausfüllen kann. Ausschließlich Machtgefühle und eben nicht Ohnmachtgefühle beherrschen das Erleben des Spielers. Hab ich CS nicht drauf, spiel ich halt WC3 oder WoW. Klappt?s auch damit nicht, wird halt auf Sims zurückgegriffen (letzteres ist natürlich viel, viel political korrekter).
Nun ist ja gegen Allmachtsgefühle eben so wenig etwas einzuwenden, wie gegen das Gefühl, man liebe sich, nur weil man zusammen Sex hat, vorausgesetzt, man ist sich spätestens nach der so gewonnen Bedürfnisbefriedigung der an und für sich vorhandenen Peinlichkeit dieser Gefühlslagen bewußt. Schwierig kann es werden, wenn man dieses selbstkritische Problembewußtsein nicht hat. Im besten Fall verarscht man sich ein wenig selbst – damit befindet man sich in bester Gesellschaft.
Im ungünstigen Fall, etwa dann, wenn das eigene RL – aus welchen Gründen auch immer – schlicht zum Kotzen ist, keine Sau sich für einen interessiert und wenn doch, man ausgeliefertes Opfer der Persönlichkeitsstörungen Dritter wird, dann, ja, dann könnte man versucht sein, sich in der beherrschbaren Welt des wie auch immer gearteten Games einzurichten. Wenn dies über einen längeren Zeitraum geschieht und einen dann doch wieder Fragmente des RL erreichen, könnte es durchaus sein, dass zu Handlungsmustern der VR zur Bewältigung von Sresssituationen gegriffen wird. Der Prozess ist wahrscheinlich viel komplizierter, aber je nach Charakterbildung (äh, nicht mißverstehen) und Alter durchaus vorstellbar und eher selten. Sicher dürfte auch sein, dass derlei Beinflussungen auch von anderen Medien ausgehn können, als von Computerspielen. Ich behaupte allerdings, dass kein Medium dies so nachhaltig und über einen längeren Zeitraum kann, wie games. (Ok, splatter kann ich wg. Inkompatibilität mit meiner Charakterbildung nicht beurteilen.)
Lange Rede, kurzer Sinn, die Beinflussung insb. Jugendlicher durch sog. „Killerspiele“ wird völlig überschätzt, jedoch ist sie in bestimmten Einzelfällen sicherlich vorhanden.
Zu2:Die veröffentlichte Meinung zu dem Thema ist wohl vergleichbar mit den Äußerungen eines militanten Nichtrauchers. Wie herrlich ist es doch, sich über das nichtsnutzige und unwürdige Verhalten Dritter auszulassen, in dem sicheren Bewußtsein, zumindest dem deutlich überwiegenden Teil der Meinungskonsumenten nach dem Maul und dabei ungestraft Unsinn zu reden! Sozusagen Allmacht!
Keine Reflektion des Geschehenen, keine Argumente. Wieso hat dieses „Killerspiel“-spielende Monster eigentlich niemanden getötet? – er müsste es doch gelernt haben. Mir fällt dazu nicht viel mehr ein – zu offensichtlich dämlich und dummdreist werden Zusammenhänge hergestellt, nicht um der Sache, sondern der eigenen Profilierung Willen. Dies kann nur zur Gegenreaktion derer herausfordern, die zu dem Thema tatsächlich etwas aus eigener Anschauung beitragen könnten. Nun ja, um die Sache ging es aber ja ohnehin nicht, schade eigentlich, denn an und für sich halte ich die Idee, Kinder und Jugendliche vor bestimmten Inhalten, auf welchen Medien auch immer, zu schützen, nicht wirklich für schlecht.
Gut, dass ich beurteilen kann, was mein Sohn spielt.