Wieso kosten iTunes Filme 9,99?
Wie es scheint wird Apple nächste Woche Kinofilmen den Vertrieb über die iTunes-Plattform ermöglichen. Gerüchte sprechen von $9,99 für ältere und $14,99 für aktuellere Filme. Ist die Zeit schon reif für solch ein Angebot? Offensichtlich war der Vertrieb von 99 Cent MP3s ein Erfolg, wieso soll es bei $9,99 Filmen anders sein?
Passend zu den neuen Inhalten soll es wohl kleine iPod Upgrades geben – und nein noch immer keinen Video iPod – sowie ein Airport Streaming System für Videodaten, so dass sich der Kunde dann die frisch geladenen Filme auf den TV-Schirm streamen lassen kann. Weitere Details sind noch unbekannt. Vermuten darf man, dass die Filme in normaler TV Auflösung vorliegen und auf DVD brennbar sein werden.
Diese News lassen mal wieder die Diskussion der Datenpiraterie aufkommen. Es ist ein unglaublich komplexes Thema, welches nicht mit so einem neuen iTunes Angebot negiert wird, darum möchte ich auch eigentlich diese iTunes News nur als Anlass nehmen, um das Thema Datenpiraterie kurz zu behandeln.
Niemand holt sich seinen Mediendosis über den illegalen Weg, weil es cool ist. Allofmp3.com wurde so populär weil sie günstige Preise hatten und das Preisargument ist die entscheidende Rolle in der gesamten Diskussion. Der Blog vom deutschen XBox Produktmanager hatte vor kurzer Zeit das Thema Modchips, was sich recht schnell auf die Argumentation um Kopien kristallisierte:
Gib’s zu, du hast auch Raubkopien gehabt, oder? Zur Blütezeit des C 64 ging es bei mir auch ganz gut ab, das habe ich an diversen Stellen auch brav zugegeben. Aber das ist auch zwanzig Jahre her und inzwischen bin ich um einiges weiser.
Das Argument der Weisheit ist primär vorgeschoben. Was diese Person von damals unterscheidet ist das monatliche Einkommen, welches ihm nun einfach ermöglicht Dinge legal zu erwerben. Zum Preisargument kommt ein weiterer wichtiger Punkt hinzu. Ein Film ist sowieso schon gedreht worden, wieso sollte man dann noch dafür zahlen? Das Produkt liegt schon vor, ohne dass die Nachfrage gestellt wurde. Dieser Aspekt stellt das gesamte Produktionsmodell von Unterhaltungsmedien in Frage. Beides in Kombination wird einen 14-jährigen schwer davon überzeugen können, 60,- Euro und mehr für ein Spiel, 99 Cent für einen Song oder dann nun 14,99 für einen Film zu bezahlen, wenn er das gleiche Produkt ohne Bezahlung bekommen kann.
Um das Problem der Piraterie zu verbessern, müssen sich primär die Preise ändern und das ist nur möglich, wenn sich auch die Produktionsmethoden bzw. Abläufe ändern. Ein kurzer Blick auf die Produktion eines Musikalbums: wer bekommt hier welches Geld für welche Leistung? Vom Produktionsbudget eines Albums sieht der eigentliche Künstler in der Regel keinen Cent. Die Bezahlung der Künstler findet hauptsächlich über den Vertrag mit der Plattenfirma statt. „Ich bin nun beim Label-X gesingned!“ umschreibt nichts anderes, als das dieser Künstler nun Summe-X erhalten hat, um dafür eine bestimmte Anzahl Alben zu produzieren, die das Label-X dann vertreibt. Seinen Ferrari, sein Haus und sein Boot kauft sich der Künstler von diesem Geld und hat an dem Punkt noch nicht einen Titel eingesungen. Zu jenem Zeitpunkt besteht noch keine Sekunde Musik und dennoch hat die Plattenfirma schon heftig investiert. Dieses Risiko deckt die Plattenfirma mit eben den hohen CD-Preisen, wie wir sie heute haben.
Um nun ein Album zu produzieren braucht es Leute die tatsächlich produktiv sind: Musikproduzenten. Meistens Teams aus Textern, Komponisten und Techniker, die wenn es günstig läuft alle in einer Person vereint sind. Diese göttlichen Gestalten bekommen nun Geld dafür, um dem Künstler-X ein Album zurecht zu zimmern, was sich dann verkaufen lässt. Aktuelle Topproduzenten bekommen Summen von 80.000,- bis 100.000,- $ pro Song wohlgemerkt. Bis hierhin halten sich die Kosten des Albums relativ in Grenzen. Die fetten Summen verursacht nun der klassische Vertrieb. Hier wollen alle mitverdienen, CD-Presswerk, Verpacker, Logistikunternehmen und der eigentliche Verkäufer. Alle diese Stationen tragen nichts zum eigentlichen kreativen Werk bei, wollen aber alle dafür bezahlt werden. Nimmt man diese Kostenparasiten aus dem Kreislauf, dann sind wir bei einem Endkonsumentenpreis, den der normale Verbraucher durchaus bereit wäre öfters zu zahlen.
Der Finanzkreislauf der Spieleindustrie sieht sehr ähnlich aus. Bei Filmen muss man trennen nach Erst- (Kino) und Zweitvertrieb (DVD), aber auch hier hängen sehr viele Stationen dran, die mit einem direkten Vertrieb wie iTunes es bietet, sofort viel günstiger zu ersetzen wären und so den Preis senken könnten. Diese nun angekündigten Preise für iTunes Filme müssen ein schlechter Witz sein, denn erklärbar sind sie nicht wirklich. Schon jetzt sind DVDs mit zusätzlichen Inhalten billiger zu bekommen als diese $9,99.
Das Problem ist auch hier strukturell. Filmstudios wie Fox oder Universal sind nicht die eigentlichen Produzenten und dienen wie Plattenfirmen dazu, nur einen Vertrieb zu garantieren, eine Aufgabe die iTunes vollkommen selbstständig ausfüllen könnte und somit direkte Verträge mit Musik- und Filmproduktionen festlegen könnte. Darauf wird es wohl wohl auf lange Sicht hinauslaufen.
Noch sind Angebote wie iTunes oder Valve’s Steam die Ausnahme, aber beide zeigen offensichtlich wie groß die Vorteile dieser Lösungen sind. Es wird noch sicher 10 Jahre und länger dauern, bis ein iTunes Vertriebsmodell die Regel und nicht mehr die Ausnahme ist, aber an diesem Tag kostet der iTunes Film nicht mehr $9,99 sondern weniger als die Hälfte.
Es ist keine Frage von Qualität des Produkts oder von Weisheit der Kunden. Am Ende zählt der Preis, nur so wird man den Trend hin zum illegalen Medienerwerb stoppen können. Wenn ich beim Kauf eines neuen Films plötzlich nicht mehr den Lohn des Verkäufers und die Energiekosten der DVD Abteilung des Kaufhauses mitbezahlen muss, dann wird sich diese Industrie auch wieder über steigende Gewinne freuen können.
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