Lootsysteme und Co.
Anmerkung: dies wird ein zweischneidiger Eintrag. Es gibt sachkundige Informationen gemischt mit einem heftigen Schuss Sarkasmus/Humor/Realität. Man möge sich seine Version selbst wählen. Danke
Der Eintragstitel sollte erst so lauten: „Lootsysteme – wie man sie missbraucht und welche Dramen sie verursachen“. Dies wurde das aber ein etwas zu langer, wenn auch perfekt beschreibender Titel. Ich wollte schon lange etwas zu dieser Thematik schreiben, aber der rechte Anlass fehlte und wurde nun prompt geliefert. Ich hab mitlerweile genug Drama, in den verschiedensten Gilden erlebt und verursacht, um damit das ein oder andere Lehrbuch füllen zu können. Nach so vielen positiven wie negativen Erfahrungen, kann ich mehr als ein Fazit ziehen.
Es gibt fast nur zwei Gründe für Gilden-Dramen. Erstens persönliche Differenzen, die zweitens, meist auf Loot Entscheidungen beruhen. Beide in Kombination führen oft zu hochkomplexen „Du-bis-doof“-Situationen. In jüngster Zeit ist es mir mal wieder gelungen, meine gilden-interne Faction um einiges zu senken. Stein des Anstosses: mein Paladin hat neulich das erste Zinrokh, Destroyer of Worlds looten dürfen. Seitdem geht ein Aufschrei durch die Gilde, was in niedlichen Flame Versuchen gegen meinen Ingame Charakter resultiert. Leider alles harmlos, aber zum Thema „Wie ich einen Flame in MMOs formuliere“ gibt es auch irgendwann was Lustiges, hier nun soll es um das Thema Lootsysteme gehen.
der erste Tipp
Keine Gilde kommt langfristig ohne ein echtes Lootsystem aus. Sei es um das Ego der Spieler zu bändigen oder um eine gleichmäßiges Equippen aller Mitglieder zu realisieren. Meine Gilde besaß bis vor 3 oder 4 Monaten kein Lootsystem, was darin endete, dass ich als einer der am meist spielenden Mitglieder, dennoch beim Loot immer den Zonk zog. Yup, ich bin der mieseste Spieler, wenn es um Rolls auf Items geht.
Sinn eines Loot-Systems
Viele realisieren nicht, dass ein System zur Vergabe von Loot, nicht steuern soll, wer welches Item bekommt. Diese Steuerung nimmt ein Loot-Officer vor oder das Spiel selbst (Klasse-X kann Item-Y benutzen und Klasse-Z kann es nicht). Ein DKP(Dragon-Kill-Point)-System soll nicht steuern, wer welches Item am effektivsten nutzt. Ein Loot-System hat einen einzigen simplen Zweck: eine gleichmäßige und so effektive Vergabe von Items.
Vier Systeme habe ich kennen gelernt. Hier eine kurze Abhandlung der mir vier bekannten Loot-Systeme.
Free-For-All
Kein System ist auch ein System. Wer immer hier Interesse an einem Gegenstand besitzt, der würfelt gegen die anderen Interessenten. Der mit dem höchsten Ergebnis erhält das Item. Motto dieses Systems? Glück ist alles. Nicht das die anderen Systeme eine Art „Skill“ im Spiel belohnen aber dieses System belohnt absolut nichts. Items werden hier ungleichmäßig und uneffektiv verteilt. Dieses System begründet sich auf den Verstand der Spieler, von dem in den wenigstens Situationen etwas vorhanden ist. Dieses System eignet sich maximal für Wochenend-Gilden. Der meist zweite logische Schritt, geht hin zur ersten Form eines DKP (Dragon-Kill-Point)-Systems.
how to exploit it
Nope. Keine Chance. Gegen den Zufallsgenerator kann niemand angehen.
Bid-System
Dieses System ist schnell erklärt. Spieler bekommen Punkte für ihr Erscheinen auf Raids und können diese dann auf Items bieten. Wer mehr Punkte bietet gewinnt. Bid-Systeme sind relativ brauchbar. Sie belohnen Spieler, die mehr Zeit investieren. Wer viel Zeit investiert, erhält viele Punkte und somit viel theoretische Items.
Großer Makel dieses Systems: Bid-Systeme sind zu dynamisch. Beispiel: eine Gilde raided so oft, dass Spieler pro Woche 20 Punkte bekommen, wenn sie immer dabei sind. Seltene Items, oder Items die das erste mal auftauchen sind in der Regel immer sehr „teuer“. Die Spieler treiben hier gegenseitig die Preise hoch. So bezahlt der erste Spieler in der Regel viel mehr, als der Spieler der das Item als letzter erhält. Spieler-X muss sozusagen viele Wochen für das Item mitraiden, andere dagegen weniger. Der Zeitfaktor pro Item skaliert in diesem System hin und her.
Wenig-Spieler sind sehr viel anfälliger für Exploits. Für diese Spieler ist es essenziell, wenige Items als Ziel zu wählen. Wenig-Spieler haben nicht so viele Chancen um mit Geduld billige Items zu erhalten. Seltene Items wird man kaum zu Gesicht bekommen. Grundstrategie hier: klare Ziele wählen und diese Schritt für Schritt abarbeiten. Als feste Regel empfehle ich zu schauen, wie viele Punkte man in der Gilde pro Woche bekommen kann und dann basierend auf diesen Punkten, feste Preise zu setzen. Wenig-Spieler sollten nicht mehr als zwei „Wochen“ für ein Item ausgeben.
Der große Vorteil eines Bid-Systems, ist die Möglichkeit das System an allen Ecken und Enden für sich zu benutzen. Für Viel-Spieler ergibt sich hier sehr großes Potential. Wer sich feste Grenzen an Preisen und Items setzt hat gute Chance diese für den Mindestpreis zu bekommen. Grundregel lautet: nur Geduld.
Damit erreicht man billige Items und einen hohen Punktestand. Die vielen Punkte und die Tatsache, dass man die Items nicht als erster besitzt, erlauben die Preise für andere hoch zu halten, womit diese mehr Punkte ausgeben müssen und man so selbst schneller an sein Ziel kommt: billige Items und Biet-Gegner ohne Punkte. Wer selbst als erster die Items besitz, kann logischerweise kaum mehr den Preis hoch treiben, ohne das einem der Zorn der gesamten Gilde trifft.
Vorraussetzung ist jedoch ein stetiger Fluss an neuen Punkten, denn man wird mehr als einmal zuviel zahlen und den Zuschlag erhalten, wenn man es eigentlich nicht unbedingt möchte: „Oh toll ich hab grad Crappy-Item-X überteuert looten dürfen. Yeah“ Zussamengefasst empfiehlt sich folgende Strategie: Geduld haben, Punkte sammeln und auf Chance und wirkliche seltene Items warten. Wie auch bei den Wenig-Spielern gilt die goldene Regel eines „Wochen-DKP-Limits“.
Fest-Preis-System
Das für meine Augen idealste System. Es unterscheidet sich in nur einem Punkt vom Bid-System: Items werden immer für feste Preise vergeben. Wer entscheidet dann wer welches Item bekommt? Das ist unterschiedlich. Entweder entscheidet hier eine dritte Person (Loot-Officer, siehe nächstes System) oder man die Person mit den meisten Punkten. Beispiel: ein Item kosten 30 Punkte. 2 Spieler wollen es haben. Spieler-1 hat 78 Punkte. Spieler-2 hat 94 Punkte. Spieler-2 erhält somit das Item und hat danach 64 Punkte.
Dieses System funktioniert fast perfekt und bietet schlicht keine Chance es auch nur irgendwie auszunutzen. Es ist gerecht, da jeder Spieler für ein Item die gleiche Zeit investieren muss und es nimmt die Variable des Zufalls heraus. Egal ob 10 Warrior dabei sind oder nur 2 Warrior, der Preis des Items ist konstant, bei einem Bid-System dagegen würde es extreme Unterschiede geben.
Loot-Officer-System
Auch dieses System ist schnell erklärt. Ein Mitspieler bestimmt wer welches Item erhält. Dieses System ist theoretisch perfekt. Praktisch funktioniert es kaum länger als zwei Wochen.
Was macht einen guten Loot-Officer aus: grenzenloses Wissen über sämtliche Klassen, Rassen und Mechanismen, die das Spiel bietet. Wie groß sind die Chancen einen solchen Spieler zu finden? Schlecht bis Null. Für den seltenen Fall eine Gilde beinhaltet solch einen Messiahs, dann gilt es immer noch die Hürde der Subjektivität zu überwinden. Kein Mitspieler kann auf lange Sicht, absolut objekt entscheiden. Hier erhalten oft die unfähigsten Spieler die besten Items, da sie mit dem Loot-Officer gut können. Das macht dann genau null Sinn.
Spielertypen
Dies waren die Systeme, warum sie existieren begründet sich aus den verschiedensten Spielertypen. Auch hier gilt es zu unterscheiden. Ich differenziere nach vier Arten von Spielern:
Susi Sorglos
In den meisten Gilden, bilden diese Typen die Mehrheit der Spieler. Sie warten ab, schauen was kommt und entscheiden dann spontan aus dem Bauch heraus. Jeder Spieler beginnt in dieser Phase.
der Analytiker
Diese Typen sind die effektivsten Looter. Sie planen weit vorraus und schauen noch bevor sie eine Zone betreten, welche Items von Interesse sein könnten. Auch ich gehöre zu jenen Spielertypen. Besteht eine Gilde nur aus solchen Spielern, wird sie nicht weit kommen, denn diese Typen sind extrem wählerisch was Loot betrifft. Für sie gibt es nur Schwarz und Weiss. Das Grau überlassen sie den anderen Spielern.
die Loot-Whore
Sehr lustige Zeitgenossen. Oft zu erkennen an DKP-Konten, die selten aus dem Minus kommen und Items, welche oft wenige Wochen benutzt werden. Diese Gattung versucht jedes Item zu bekommen, aber oft bleibt es bei dem Versuch. Loot-Whores sind sehr wichtig für eine Gilde, denn sie sorgen für die Verwertung des Rest-Mülls und der Belustigung der Analytiker-Typen.
Loot-Whores können äußerst effektive Spieler sein, denn in den Unmenger der Loots, findet sich mehr als einmal, das ein oder andere sehr brauchbare Teil.
der Vorkoster
Eine sehr sonderbare und seltene Gattung. Diese Spieler müssen immer Item-X als erster bekommen. Sie spielen nur für den Moment des First-Loots. Egal was es ist und egal wie gut oder schlecht es sein mag, wenn es selten und zum ersten mal zu haben ist, werden sie zuschlagen und hoffen, möglichst lang das Monopol des Items zu besitzen.
Wie man sieht überschneiden sich die Interessen der verschiedensten Arten von Spielern. Um genau diese Überschneidungen zu regeln, gibt es die oben aufgeführten Loot-Systeme, deshalb bekommt halt der Analytiker das Zinrokh, Destroyer of Worlds und nicht die Loot-Whores. /cheer
6 Kommentare
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global $hemingway ?>Inhaltlich wie immer brilliant analysiert. „Loot-Whore“ sehr schön.
Den Effekt, dass der Text das Schwert – oder was auch immer das sein mag – umfließt hast du allerdings teuer bezahlen müssen. Ein weiterer trauriger Beweis für die völlige Unzulänglichkeit von HTML/CSS…
Ein bischen Effekthascherei sei erlaubt. Man kann nur hoffen, dass es mal eine praktischere Lösung für sowas gibt. Pfade zum Umfließen von Bilder werden sicher noch lange ein Wunschtraum im Web sein.
Gibts für das Bid-System ein Addon, wo der Gildenleader (oder ähnliches) die Punkte zählt?
Ein absolut automatisches DKP Addon gibt es meines Wissen nach nicht. Ein sehr verbreitetes System ist EQDKP, einfach mal danach googlen. Dafür sollte sich auch ein Addon finden lassen, was aber auch nicht absolut von allein die Punkte trackt. Ein absolut automatisches DKP Addon gibt es meines Wissen nach nicht. Ein sehr verbreitetes System ist EQDKP, einfach mal danach googlen. Dafür sollte sich auch ein Addon finden lassen, was aber auch nicht absolut von allein die Punkte trackt.
Ich bin immer noch Fan eines leicht abgeänderten Free For All Systems. Zu erst einmal- es kommt auf die Instanzen an. MC oder Bwl erfordern andere Maßnahmen als Zul oder AQ 20. Außerdem kann man das Argument „wer mehr spielt bekommt mehr“ nicht gegen FFA einsetzen- das funktioniert da sogar noch besser. Wer 5 x spielt hat fünf x die Chance auf Items, wer ein x spielt nur ein x. Außerdem muss das Zeug auch erst einmal droppen und nur wer immer dabei ist wird auch dabei sein wenn es dropt 🙂
Schließlich möchte ich noch allen Dringend von einem Bild-System abraten. Es spielt die Leute gegeneinander aus. Es kommt sogar vor, dass Leute die anderen hochbieten nur um ihnen die Punkte abzunehmen oder es werden geheim Absprachen getroffen um gegenüber der restlichen Gruppe Vorteile zu bekommen. B-DKP schadet dem Klima der Gruppe!Mein Tipp wäre ein Bild System für Gruppen die sich untereinander nicht kennen.Wenn man aber „mit Freunden“ spielt und man sich drauf verlassen kann, dass keiner einem etwas wegnimmt das man besser brauchen kann, dann FFA oder würfeln wenn doch mal mehrere Leute darauf bestehn.Wenn die Leute lernen wollen wie man zusammenspielt dann empfehle ich dringend! vor den großen instanzen ausgiebig in 5er zu gehn. Man kann zb einen Gildeninternen Wettstreit beginnen welche Gruppe Strathholme in der kürzesten Zeit schafft (25 Minuten ist ganz gut)- das steigert die Effektivität der einzelnen Gruppen und bringt die Leute ein bisschen weg von der Itemgeilheit.
Sorry, dass ich hier unaufgefordert so viel reingeschrieben hab 🙂
Die Kommentar-Funktion ist dafür da, dass ihr unaufgefordert so viel reinschreibt ;P
Wer 5 x spielt hat fünf x die Chance auf Items, wer ein x spielt nur ein x.
Das stimmt nur auf den ersten Blick, weil nämlich Item-Z nicht jedesmal im Loot ist. Sagen wir ein Item hat eine Chance von 20%. Spieler 1 ist beim ersten Kill mit dabei und tatsächlich erscheint das 20% Item. Spieler 2 möchte es auch haben und raidet fleißig weiter, nur hat er weniger Glück. Er muss nun wieder den vollen 20%-Weg gehen und 5 mal beim Kill dabei sein, um den Drop zu sehen.
Zwei Fakten zerstören das schöne Weltbild vieler FFA-Loot-Gilden. Der Zufallsgenerator und die Tatsache, dass die Mehrheit der Items nun mal nicht klassengebunden sind. Nur deshalb existieren Loot-Systeme um diese zwei Störfaktoren auszugleichen.
Um diesem Artikel noch einen kleinen Zusatz mitzugeben: DKPs in WoW sind eigentlich bis jetzt überflüßig. Blizzard schiebt so langsam neue Zonen nach, die dann so itemized sind, dass feste 40er Gilden problemlos ohne ein DKP System auskommen könnten. Eine Gilde muss so lange die Zonen farmen, dass wirklich auch der allerletzte sein Item-Set komplettieren kann. Bevor eine Gilde in BWL Fuß fassen kann, stehen soviele MC-Runs bevor, dass jeder Spieler komplett ausgestattet wird. Zusätzlich kommt noch der Faktor des neuen Faction-Grinds hinzu. Damit jeder seine Faction für sein Set haben kann, sind soviele Farm-Runs nötig, um wiederrum jeden Raider ausreichend zu equippen.